Hannover. Auch mit Blick auf das Coronavirus haben es ärmere Menschen schwerer. Niedersachsens Armutskonferenz fordert in der Krise finanzielle Soforthilfe.

Die Armutskonferenz in Niedersachsen sieht für arme Menschen ein erhöhtes Risiko, an Covid-19 zu erkranken. „Arme haben grundsätzlich höhere psychische und physische Gesundheitsrisiken, schwächere Immunsysteme und sterben früher“, erklärte Geschäftsführer Klaus-Dieter Gleitze. Hinzu kämen mit Blick auf Corona beengte Wohnverhältnisse, die häufige Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel sowie prekäre Jobs ohne Homeoffice-Möglichkeit und mit geringem Arbeitsschutz. Hygienemaßnahmen kosteten Geld, das Arme nicht haben, und auch Zeitungen, Computer oder Handys als Informationsgrundlage seien oft nicht zu bezahlen – „das sind aber zentrale Voraussetzungen, um Krisen bewältigen zu können“.

Gleitze forderte daher eine einmalige Konsumhilfe von 1000 Euro für Arme, um diesen Mängeln entgegenzuwirken. Außerdem müssten die Hartz-IV-Regelsätze dauerhaft auf 600 Euro im Monat erhöht werden. Derzeit liegt der Satz für alleinstehende Erwachsene bei 446 Euro.

Vorgezogene Impfung für Menschen in prekären Wohn- und Arbeitsverhältnissen?

Eine gezielte vorgezogene Impfung für Menschen in prekären Wohn- und Arbeitsverhältnissen bezeichnete Gleitze wegen des bereits erreichten Impffortschritts vor allem mit Blick auf mögliche weitere Pandemien als sinnvoll. „Für die aktuelle Pandemie sollte das aus praktischen Gründen da erfolgen, wo es bis zur Aufhebung von Priorisierungen noch möglich ist“, sagte er. „Hilfreich wäre es auf jeden Fall aus ethischen und epidemiologischen Gründen, wenn Staat und Gesellschaft die Krise nutzen würden, Armut endlich nachhaltig zu bekämpfen.“

Das Robert Koch-Institut (RKI) hatte zuletzt eine Studie vorgelegt, der zufolge die Zahl der Corona-Todesfälle in benachteiligten Regionen überdurchschnittlich stark gestiegen ist. Eine weitere Studie auf der Grundlage von RKI-Daten kam zu dem Ergebnis, dass mit zunehmender Dauer der Pandemie auch die Inzidenzzahlen in benachteiligten Gegenden stärker stiegen. Die Region Hannover erklärte zudem laut „Hannoverscher Allgemeiner Zeitung“ (Donnerstag) unter Berufung auf eigene Erkenntnisse, dass prekäre Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu einem höheren Infektionsrisiko führten.

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Corona-Infektionen am Arbeitsplatz: Landtag will strengere Schutzmaßnahmen

Mit Blick auf Ansteckungen am Arbeitsplatz forderte die Opposition im Landtag unter der Woche strengere Vorgaben. Die Grünen-Abgeordnete Eva Viehoff warb für mehr Vor-Ort-Kontrollen der Gewerbeaufsicht sowie eine echte Testpflicht statt einer Testangebotspflicht.

Der FDP-Abgeordnete Jörg Bode erklärte, die Gesundheitsämter müssten in die Lage versetzt werden, Infektionsherde im Arbeitsumfeld aufzuspüren und einzudämmen. „Sollte hierbei kein ausreichendes Hygiene- und Schutzkonzept festgestellt werden, so ist dies bis hin zur vorübergehenden Betriebsschließung zu ahnden“, sagte er.