Hannover. Kneipen und Hallenschwimmbäder dürfen wieder öffnen, allgemeine Kontaktbeschränkungen bleiben: So sehen die nächsten Lockerungen im Detail aus.

Die neuesten Corona-Regeln zu erläutern, die von Montag an in Niedersachsen gelten, überließ Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) der stellvertretenden Leiterin des Krisenstabs, Claudia Schröder. Doch in einer Stellungnahme, die die Staatskanzlei verschickte, mahnte Weil zur Disziplin. „Das Coronavirus ist immer noch vorhanden – das zeigen die jüngsten Entwicklungen in einigen niedersächsischen Regionen“, meinte Weil. „Wir müssen alle umsichtig sein, Abstand halten und die Hygieneregeln beachten!“, sagte der Regierungschef. Dann könne man Schritt für Schritt zu einem Alltag unter den Bedingungen von Corona zurückkehren.

Grundlage der Lockerungen, die am 8. Juni in Kraft treten, ist ein 5-Punkte-Plan des Landes. Den wiederum hatten Weil und Ministerkollegen vorgestellt, um etwas Ruhe in die hektische Länderdiskussion zu bringen. Nun folgt die nächste Stufe.

Neue Corona-Verordnung: Kultur im Freien wieder möglich

Mit der neuen Verordnung dürfen Kulturveranstaltungen im Freien mit bis zu 250 Besuchern stattfinden. Eine Voraussetzung sind allerdings Sitzplätze. Touristische Busfahrten sind wieder möglich, allerdings nur mit Maske.

Beerdigungen, Hochzeiten, Trauungen sowie andere religiöse und weltanschauliche Feiern wie Konfirmation oder Firmung sind nun grundsätzlich mit bis zu 50 Gästen möglich. Bisher lag die Obergrenze dafür bei 20. Allerdings gelten dabei laut eines Sprechers des Sozialministeriums die „Allgemeinen Verhaltensregeln im öffentlichen Raum“, also ein Mindestabstand von 1,50 Meter. Nur die Personen eines „Hausstands“ sowie eines weiteren dürfen sich näher kommen. Wechselt die Gruppe in ein Restaurant, gelten die dortigen Regeln.

Hotels und Campingplätze: bis zu 80 Prozent Auslastung erlaubt

Hotels und Campingplätze sowie Jugendherbergen dürfen nun bis zu 80 Prozent der Plätze belegen, Dauercamper und Dienstreisende zählen dabei nicht. Werden ausschließlich Geschäftsreisende aufgenommen, darf die Quote sogar überschritten werden. Auch die klassischen Kneipe („Schankwirtschaft“) kann wieder aufmachen.

Sport darf unter Traineranleitung im Freien in Gruppen getrieben werden, Hallen- und Spaßbäder dürfen nach den Freibädern nun auch wieder aufmachen. Sportler dürfen Umkleiden und Duschen wieder nutzen. „Alles, was erlaubt ist, ist unter Auflagen erlaubt“, betonte Schröder. Floh- und Spezialmärkte unter freiem Himmel und mit Eintritt sind erlaubt. Auch Indoor-Spielplätze können wieder genutzt werden. Gleichzeitig wird die Schließung von Duschen und Umkleiden von Sportstätten aufgehoben. Sportler müssen sich also nicht mehr im Auto umziehen oder verschwitzt nach Hause fahren.

Was bleibt geschlossen?

Die neue Verordnung gilt bis zum 22. Juni. Clubs und Discotheken, Theater, Opern- und Konzerthäuser, Messe und Kinos müssen bis auf weiteres aber geschlossen bleiben. Sie behelfen sich teilweise mit Autokino oder Autokonzerten.

Auch dass Shisha-Bars geschlossen bleiben müssen, schrieb das Land ausdrücklich in die neue Verordnung. Aktueller Anlass: Die Corona-Ausbreitung in Göttingen. Dort hatten Großfamilien gefeiert, es soll Umarmungen und Händeschütteln gegeben haben, junge Männer der Familien sollen zudem in einer Shisha-Bar aus einem Mundstück geraucht haben.

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Schröder hob noch einmal das Anrecht von Heimbewohnern auf Besuch hervor. Voraussetzung ist ein Hygienekonzept der jeweiligen Einrichtungen. Dass diese oft schleppend kommen, hatte in der Landesregierung offenbar einigen Unmut ausgelöst. Heimbewohner sollen außerdem die Einrichtungen auch für einen Einkauf oder Spaziergang verlassen können.

„Kontakte reduzieren“

Das Herzstück der Strategie sind aber die Kontaktbeschränkungen. „Jede Person hat physische Kontakte zu anderen Menschen, die nicht zu den Angehörigen des eigenen Hausstandes zählen, auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren“, heißt es im Paragrafen 1. Im Öffentlichen Raum gilt die 2-Haushalte-Regel. Wer etwa einen Geburtstag im eigenen Garten feiern wolle, brauche ausreichend Platz, sagte Schröder. Denn nur ein weiterer Haushalt dürfe draußen ohne Abstand hinzukommen.

12.356 Fälle von Infektionen mit dem Corona-Virus waren bis Freitag mittag in Niedersachsen labordiagnostisch bestätigt, 124 mehr im Vergleich zum Vortag. Sozialministerin Carola Reimann erklärte dazu: „Wir sind in Niedersachsen auf einem guten Weg mit stabil niedrigen Covid-19-Neuerkrankungen. Einzelne, regional beschränkte Ausbruchsgeschehen mit vergleichsweise hohen Fallzahlen zeigen uns aber auch, dass die Gefahr, sich mit dem Virus anzustecken, nicht gebannt ist.“

Im Zusammenhang mit den Göttinger Familientreffen waren 49 von 57 als Kontaktpersonen ermittelten Kindern positiv getestet worden. „Davon gehen 28 zu weiterführenden Schulen, 11 in die Grundschule und 10 in Kindertagesstätten“, sagte Schröder am Freitag. Gezielte Maßnahmen seien besser als ein „Lockdown“ für den gesamten Landkreis. Niedersachsen hatte am Donnerstag ein Ausweiten seiner Teststrategie angekündigt.

Auf die Frage, ob die Behörden ausreichend kontrollierten, verwies Schröder unter anderem auf einen täglichen Lagebericht der Polizei. Sie appellierte aber an Restaurantbesucher, den Laden zu verlassen, falls dieser keine Besucherdokumentation führe. Ordnungsämter und Polizei seien auf Hinweise angewiesen. „In der Fläche funktioniert das“, sagte sie zu den bisherigen Lockerungen. Dort handele es sich um ein gemäßigtes Infektionsgeschehen. „Das Virus orientiert sich am Abstand“, sagte Schröder.

Phase fünf der Corona-Lockerungen noch im Juni?

Die fünfte Phase des Stufenplans könnte zum 22. Juni in Kraft treten. Dann läuft die neue Corona-Verordnung aus. Wenn das Infektionsgeschehen es nötig mache, könnte die Verordnung aber auch verlängert werden, sagte die stellvertretende Leiterin des Krisenstabs, Claudia Schröder, am Freitag. Bereits jetzt ist geplant, dass es von Mitte Juni an für alle Kinder wieder ein zeitlich eingeschränktes Angebot für den Kita-Besuch geben soll. Auch die Schüler haben vom 15. Juni an wieder alle Unterricht in den Schulen. Nicht teil, des Stufenplans, aber ebenso in Kraft: Urlauber, die aus Schweden zurückkehren, müssen für 14 Tage in Quarantäne.

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