Braunschweig. Nicht nur der FDP-Politiker Wieland Schinnenburg möchte die Nichtraucher schützen.

Der Gestank von Tabakqualm nimmt mir und anderen Menschen im Dunstumfeld die Luft zum Atmen. Jeder Nichtraucher hat das Recht auf saubere Atemluft. Einfach zu fragen: „Stört es Sie wenn ich rauche?“ würde die Situation auf beiden Seiten entspannen.

Dies schreibt unsere Leserin
Marianne Toncans aus Salzgitter.

Zum Thema recherchierte
David Krebs

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Wieland Schinnenburg plädiert für eine Verschärfung des Rauchverbots. Gegenüber unserer Zeitung nennt er Bushaltestellen, Bahnsteige und Kinderspielplätze. Nichtraucher müssten „überall dort, wo sie nicht ausweichen können, geschützt werden“, sagt er.

Anlass für Schinnenburgs Aussagen war ein neues Gesetz in Schweden. Dort ist das Rauchen nun nicht nur in Gaststätten, sondern auch vor Kneipen und Einkaufszentren, auf Bahnsteigen und an Bushaltestellen verboten. Das schwedische Modell übernehmen will Schinnenburg nicht. Ein Verbot vor Kneipen hält er zum Beispiel nicht für sinnvoll: „Man will ja gerade, dass in Gaststätten nicht geraucht wird.“ Ihm gehe es wirklich nur um den Schutz der Nichtraucher, wenn diese keine Möglichkeit hätten auszuweichen. „Wenn mir jemand rauchend auf der Straße entgegenkommt, würde ich natürlich nichts sagen.“

Anders sehe das an Bushaltestellen aus. Dort habe man oft keine andere Wahl, als unter dem kleinen Dach Schutz zu suchen. Die allgemeine Verwunderung, dass solch eine Forderung gerade von der FDP kommt, könne er nicht verstehen. „Wir sagen immer: Die Freiheit des einzelnen endet da, wo die eines anderen beginnt.“ Er räumt aber ein, seine Äußerungen hätten schon „ein bisschen Aufregung“ nach sich gezogen.

Die Rechtslage

In Niedersachsen ist das Rauchen in Gaststätten grundsätzlich verboten. Ebenso in Behörden, Bildungseinrichtungen, Krankenhäusern und Heimen. Das Verbot in Gasstätten lässt sich aber umgehen. In Einraumkneipen mit weniger als 75 Quadratmeter Grundfläche, in denen kein Essen serviert wird, darf weiterhin geraucht werden. Allerdings müssen diese deutlich als Raucherlokal gekennzeichnet sein und Personen unter 18 Jahren den Zutritt verweigern.

Was Spielplätze angeht, schiebt das Land die Verantwortung auf die Gemeinden. Diese sind für den Schutz vor Passivrauch und beim Rauchen entstehenden Müll zuständig. An Bushaltestellen und Bahnsteigen sowie beim Autofahren gibt es kein gesetzliches Verbot. Im Übrigen ist Deutschland in der EU das einzige Land, das kein Tabakwerbeverbot hat. Viele Kritiker gehen davon aus, dass die Werbung auch den Einstieg bei Jugendlichen fördert.

Argument 1: Der Nichtraucherschutz

Für mehr Nichtraucherschutz ist auf jeden Fall der Verein „Pro Rauchfrei“. Siegfried Ermer, Sprecher der Nichtraucher-Lobbyisten, ist überrascht, „dass die Forderung von der FDP kommt“. Er stimmt aber zu. Fordert aber deutlich mehr Verbote. „Deutschland hinkt hinterher“, sagt er unserer Zeitung.

Der Verein setzt sich für ein Rauchverbot vor Gasstätten ein. Damit Nichtraucher „nicht durch den Krebsvorhang gehen müssen“, wie man sich hier ausdrückt. Zudem heißt der Verein ein Verbot in Parkanlagen, an Stränden und unter überdachten Bushaltestellen gut.

Auch Angelika Kahl vom Lukas-Werk der evangelischen Stiftung Neuerkerode, das sich mit Suchtberatung und -prävention beschäftigt, begrüßt ein Rauchverbot an öffentlichen Plätzen. Insbesondere dort wo sich Kinder und Jugendliche aufhalten.

Auch das Deutsche Krebsforschungszentrum findet die Forderungen sinnvoll. Sehr wichtig sei es außerdem noch bestehende Gesetzeslücken zu schließen. In kleinen Kneipen sei das Rauchen ja teilweise noch erlaubt. Dies sei noch wichtiger als im Außenbereich, da in Raucherkneipe Mitarbeiter und Gäste einer hohen Tabakrauchbelastung ausgesetzt sind, sagt eine Sprecherin unserer Zeitung. Doch Stefanie Heckel vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands, sieht hier keinen Handlungsbedarf. „Es gilt: Dort, wo gegessen wird, wird nicht geraucht. Damit wurde unserer Ansicht nach ein guter Kompromiss gefunden, der allgemein akzeptiert wird.“

Der Verein „Pro Rauchfrei“ ist auch für ein Rauchverbot im Auto: „mindestens wenn Kinder oder Schwangere mitfahren“. Ein solches Verbot hatte bereits Anfang des Jahres die Landesregierung Nordrhein-Westfalens gefordert. Als Begründung wurde auch hier der Schutz von Kindern angeführt. Laut dem Krebsforschungszentrum ist die Schadstoffkonzentration in einem Auto mit leicht geöffnetem Fenster nach Anzünden einer Zigarette fünf Mal so hoch wie in einer verrauchten Bar. Das liegt daran, dass im engen Raum des Autos der Rauch nicht verfliegen kann. In mehreren Staaten stehen Geldstrafen auf das Rauchen, wenn Minderjährige an Bord sind. Dazu gehören Österreich, Frankreich, England, Wales, Irland, Griechenland und Italien.

Argument 2: Der Umweltschutz

Raucher stören oft nicht nur die Mitmenschen, sondern auch ihre Umwelt. Der Naturschutzbund (Nabu) in Schleswig Holstein forderte ein Rauchverbot an Stränden. Aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion ging hervor, dass Zigarettenstummel an der Ostsee mit neun Prozent auf Platz zwei der häufigsten Müllarten an der Ostsee gelistet werden.

An der Nordsee waren sie allerdings nicht unter den Top 20. Der Nabu Niedersachsen geht auch nicht so weit wie die Naturschützer in Schleswig-Holstein. „Wir sind für ein Wegwerfverbot, nicht für ein Rauchverbot“, teilt man unserer Zeitung mit. Das Entsorgen von Zigarettenstummeln im Sand sei allerdings sehr schwierig zu kontrollieren. „Höhere Bußgelder könnten abschreckender wirken.“

Die Aussichten

Pia Zimmermann, Bundestagsabgeordnete der Linken und Mitglied des Ausschuss für Gesundheit, sagt, sie könne sich „gut vorstellen, dass das durchgesetzt wird“. Im Ausschuss besprochen worden sei es bisher aber noch nicht. Man dürfe Raucher nicht verdammen. „Aber auch ich finde nicht so toll, wenn man mir an Bushaltestellen den Qualm ins Gesicht pustet.“