Ist das noch die biedere CDU? Die Partei, die einst 25 Jahre lang von Helmut Kohl geführt und dann 18 Jahre von Angela Merkel durch eine programmatische Dürre geleitet wurde? Der für die CDU ungewohnt offene Kampf um die Parteispitze ist eine Frischzellenkur – Friedrich Merz der Muntermacher. Seitdem der Ex-Fraktions-Chef seine Kandidatur erklärt hat, wirkt die CDU wie wachgeküsst.

Mit Merz, dem Idol der Konservativen, würde die Partei wieder ein Stück nach rechts rücken, sich stärker von der SPD und den Grünen abgrenzen und auch im Auftritt nach Jahren der Lethargie unter Merkel endlich wieder forscher und fordernder werden.

Es ist keine Schwäche, dass Merz einige Jahre von der politischen Bildfläche verschwunden war. Seine Tätigkeit beim US-Vermögensverwalter Blackrock wird bei CDU-Wählern weniger kritisch empfunden werden als bei SPD-Anhängern oder Grünen-Sympathisanten. Merz ist für den Abstieg der CDU in den Umfragen unter die 30-Prozent-Schwelle nicht verantwortlich. Er ist unbelastet. Sein Versprechen, die AfD zu halbieren, ist mutig. Endlich mal wieder einer, der sich was traut. Daran wird er sich freilich messen lassen müssen, falls er CDU-Vorsitzender wird.

Merz konnte mit dem Konzept der kulturellen Vielfalt in der Einwanderergesellschaft – abwertend als „Multikulti“ bezeichnet – noch nie etwas anfangen. Er machte 2000 mit der Forderung Schlagzeilen, Zuwanderer, die auf Dauer hier leben wollen, müssten sich an die „deutsche Leitkultur“ anpassen. Der Merz von 2018 jedoch entspricht dem Zeitgeist. Er ist vorsichtiger geworden. Er will zum Beispiel den Frauenanteil in der Union deutlich steigern.

Merkel hat konservative Positionen geschleift: die Abschaffung der Bundeswehr, der Ausstieg aus der Kernenergie, die Homo-Ehe, der Mindestlohn, die Rente mit 63. All diese Themen hat Merkel von der SPD übernommen, ohne richtig dahinterzustehen.

Und Kramp-Karrenbauer, die aussichtsreichste Gegen-Kandidatin? Sie ist Merkel viel ähnlicher, als sie es sein möchte. Für einen Aufbruch steht Kramp-Karrenbauer nicht. Die verunsicherte CDU braucht jetzt einen charismatischen Chef wie Merz. Keine langweilige Mini-Merkel. Die Kanzlerkandidatur in der Union läuft spätestens 2021 automatisch auf den CDU-Chef zu. Bei aller Liebe, aber einer biederen Kramp-Karrenbauer fehlt dazu das Format.

Merz ist zudem viel zu klug, als dass er mit einem zu strammen konservativen Rechtskurs jene vergraulen würde, die aus Frust über den quälenden Streit zwischen CDU und CSU und die ewigen Querelen in der Großen Koalition in Scharen etwa zu den Grünen abgewandert sind. Vielleicht haben wir bald wieder einen „Friedrich den Großen“ und einen echten politischen Wettstreit mit klaren Positionen. Davon würde auch die gute alte SPD profitieren.