Nein. Wer liest, wie das Oberverwaltungsgericht seinen Eilbeschluss begründet, kann dieser Auffassung nur zustimmen. Dabei sind die Lüneburger Juristen weder Querdenker noch Corona-Leugner. Die Richter schreiben der Region Hannover aber ins Stammbuch: Der Zweck heiligt nicht jedes Mittel. Erst recht, wenn die Mittel untauglich sind. Das Gericht rügt konkrete Mängel: Die Ausgangssperre ist unnötig, weil in Hochinzidenzkommunen ohnehin strikte Kontaktbeschränkungen gelten.

Sie geht zu weit, weil sie einfach mal unterstellt, dass verbotene nächtliche Privattreffen stattfinden. Und dann sprechen die Richter zwei grundsätzliche Probleme an: „Nach mehr als einem Jahr Pandemie besteht die begründete Erwartung nach weitergehender wissenschaftlicher Durchdringung der Infektionswege. Einschneidende Maßnahmen auf Verdacht lassen sich in diesem fortgeschrittenen Stadium der Pandemie nicht mehr rechtfertigen.“ Und: Es geht nicht an, „alle einer Ausgangsbeschränkung zu unterwerfen, nur weil einzelne Personen und Gruppen die geltenden Kontaktbeschränkungen nicht befolgen.“

Die Oberrichter definieren hier den Anspruch des mündigen Bürgers an den von ihm getragenen Staat: Dass er als Ermöglicher eingreift, nicht als Verhinderer. Nur stillzulegen, zu verbieten, zu unterbinden, und das unter Inkaufnahme untragbarer Kollateralschäden, ist viel zu wenig. Ein Staat, der seine Menschen einschließt, leistet den Offenbarungseid.