„Die Unruhen in Nordirland gehen auch auf das Konto von Johnson.“

Brennende Autos, Steinehagel gegen Polizisten, Molotowcocktails: Es sind beunruhigende Bilder, die aus Nordirland zu uns kommen. Sie erinnern an den Bürgerkrieg, der bis Ende der 90er- Jahre die Unruhe-Provinz erschütterte. Wie damals stehen sich heute pro-britische Unionisten und irische Nationalisten gegenüber, die eine Vereinigung mit dem EU-Mitglied Irland anstreben.

Vor allem die Unionisten sind politisch aufgeladen und lassen ihrem Ärger freien Lauf. Sie fühlen sich durch den Brexit-Kurs des britischen Premierministers Boris Johnson verschaukelt. Der hatte in den Verhandlungen mit der EU von Anfang an auf Maximalpositionen gesetzt. Es werde keine Grenzkontrollen zwischen Großbritannien und Nordirland geben, hatte er hoch und heilig versprochen. Die pro-britische Klientel in Nordirland baute darauf. Doch Johnson musste seine Zusage später kassieren, weil für Brüssel der offene Verkehr von Waren und Dienstleistungen zwischen Irland und Nordirland sakrosankt war. Die Unionisten, die eigentlich näher an London sein wollten, sahen sich im Stich gelassen.

Die Unruhen in Nordirland gehen auch auf das Konto von Johnson. Er baute mit seinem Brexit-Traum ein rhetorisches Luftschloss von der neuen nationalen Größe des Vereinigten Königreichs. Nun hat er in Nordirland die alten nationalistischen Geister geweckt.