“Digitalisierung ist Bestandteil aller Programme der Regierungsparteien, auf die sich die Bürger verlassen müssen können.“

Was muss, kann, darf der Staat leisten? Diese uralte Streitfrage entflammt erneut beim Thema Digitalisierung. Die durchdringt uns zwar seit Jahren mit zunehmender Intensität und Geschwindigkeit, einen neuen Maßstab hat aber das Coronajahr 2020 gesetzt. Digitale Technik macht das Leben einfacher, sicherer und erhält dank Homeoffice Jobs. Diese Erkenntnis hat bei vielen zu einem Bewusstseinswandel geführt.

Das ist eine wichtige Voraussetzung für die weitere digitale Entwicklung. Das Problem: Andere Länder und mit ihnen andere Unternehmen sind weiter – und schneller. Dafür gibt es unterschiedliche Gründe: Wettbewerb, rechtlicher Rahmen, wirtschaftliche Notwendigkeit, staatlicher Ehrgeiz. Um Schritt zu halten, geht es nicht nur darum, die Bedeutung der Thematik so breit wie möglich zu verankern, sondern die Entwicklung zu beschleunigen.

Wer aber ist dafür verantwortlich? Die schlichte Antwort: jeder. Das gilt für Eltern, Arbeitnehmer, Unternehmer. Ohne die persönliche Bereitschaft zur Veränderung passiert nichts. Und der Staat? Stefan Muhle, Staatssekretär im niedersächsischen Wirtschaftsministerium, riet Entscheidungsträgern nun in einer Diskussionsveranstaltung dazu, bei der Digitalisierung nicht zu warten, „bis der Staat es verstanden hat“. Zugleich müsse die Digitalisierung von der Gesellschaft eingefordert werden.

Das ist situativ okay, kann aber nicht das Prinzip der Zukunft sein. Digitalisierung ist Bestandteil aller Programme der Regierungsparteien, auf die sich die Bürger verlassen müssen können. Der Staat ist in der Bringschuld, für verlässliche Rahmen und wettbewerbsfähiges Tempo zu sorgen. Ihn aus der Verantwortung zu entlassen, wäre falsch. Besser wären verbindliche politische Zielvereinbarungen und deren transparente Überprüfung. Dann entscheidet der Wähler.