„Falsche Toleranz und schlichte Ignoranz gegen Hasstiraden im Internet fordern längst ihren Preis.“

Nun musste also doch ein Beauftragter her. Der frühere Landtags- und Regierungssprecher Franz Rainer Enste soll Niedersachsens Landesregierung helfen, gegen Antisemitismus vorzugehen. Vorausgegangen war eine lange Debatte auch in den jüdischen Gemeinden. Dort gab es die Sorge, mit einem Beauftragten das Problem lediglich herauszustellen und hochzuschaukeln statt zu lösen.

Dass ein Beauftragter, selbst einer von der Qualität Enstes, das Problem nicht lösen kann, liegt auf der Hand. Ein gut vernetzter Ansprechpartner wie der neue Beauftragte kann zur Unterstützung und zum Schutz jüdischer Kultur und jüdischen Lebens in Niedersachsen aber allemal beitragen – und Handlungsempfehlungen in die Politik tragen. Gefordert sind aber vor allem Gesellschaft und Staat, wie Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) betont hat.

Und die sehen bislang nicht besonders gut aus. Falsche Toleranz und schlichte Ignoranz gegen Hasstiraden im Internet fordern längst ihren Preis. Politik und Gesellschaft haben lange geschlafen und vor der Macht der Internet-Konzerne gekuscht. Auch die Justiz muss sich fragen, ob sie nicht viel zu oft weggeschaut hat. Dass Justizministerin Barbara Havliza nun die Richtlinien zum Einstellen von Verfahren überprüfen ließ, ist ein richtiges Zeichen.

Wo es nötig ist, mit dem Recht zu reagieren, ist aber nur die eine Seite. Auch Prävention und Aufklärung bleiben wichtig. Und klare Kante hilft: nicht nur in der Politik, sondern vor allem auch im Alltag.