„Die ums Überleben kämpfende Partei projiziert wieder einmal alle Sehnsüchte auf die Personen an ihrer Spitze.“

Jetzt soll es bei der SPD also eine Doppelspitze richten. Wahrscheinlich. Denn die Lösung, die der Vorstand nach stundenlangen Beratungen ausbaldowert hat, hält die Möglichkeit offen, dass alles beim Alten bleibt. Also eine Frau alleine oder ein Mann alleine.

Eine Doppelspitze festzuschreiben, davor schreckte die Führung zurück. Nicht allen in der SPD schmeckt das Modell Doppelwhopper. Und außerdem ist alles, was nach Vorgabe von oben nach unten aussieht, in der SPD so beliebt wie ein fetter SUV mit 300 PS vor einer Kita. Kein Basta mehr, keine Hinterzimmer, Partizipation. So soll neues Vertrauen im zerrütteten Verhältnis zwischen den Taktgebern im Willy-Brandt-Haus und der SPD-Basis wachsen.

Die ums Überleben kämpfende Partei projiziert wieder einmal alle Sehnsüchte auf die Personen an ihrer Spitze. Werden diese enttäuscht, sind die Genossen brutal. Auch deshalb stehen mögliche Bewerber für Zweierteams oder Solo-Kandidaturen, die sich bis zum 1. September melden können und dann in einen Mitgliederentscheid gehen , nicht Schlange. Wer will sich eine hoffnungsvolle Karriere in der Provinz auf dem Schleudersitz in Berlin versauen? Im besten Fall werden aus einer Castingshow mit vielen Regionalkonferenzen „Festspiele der Demokratie“. Sich durchsetzen dürften vermutlich Personen, die der gedemütigten SPD-Basis einen raschen Austritt aus der verhassten großen Koalition in Aussicht stellen.

Der Druck auf die kommende Führung könnte nach dem 1. September unerträglich werden. Verliert die SPD nach 30 Jahren in Brandenburg die Macht und stürzt in Sachsen unter zehn Prozent, dürfte das No-GroKo-Lager kaum mehr zu bändigen sein.

Aber eine Flucht aus der Verantwortung, weil alles so schlimm ist? Das würden die Bürger bei einer Neuwahl bestrafen. Die Personen an der kommenden SPD-Spitze sind nicht zu beneiden.