„Beim Kampf gegen Rechtsextremismus wird nur große Entschlossenheit zum Ziel führen.“

Ist der Staat auf dem rechten Auge blind? Spätestens seit den Morden des NSU an neun Migranten und einer Polizistin lastet dieser Verdacht völlig zu Recht auf dem Sicherheitsapparat. Das Attentat auf den CDU-Politiker Walter Lübcke in Nordhessen hat das Thema brutal in die Aktualität zurückgeholt. Sollte der Tatverdächtige Stephan E. tatsächlich überführt werden, wäre er der erste Rechtsterrorist, der einen Politiker gezielt ermordet hat.

Der Schock geht tief und es ist gut, dass die politischen Spitzen des Staates mittlerweile klare Worte gefunden haben. Der Bundespräsident, die Kanzlerin und auch der Bundesinnenminister – sie alle beschreiben eine brandgefährliche Entwicklung. Mit Worten ist es dabei aber nicht getan. Es muss gehandelt werden.

Es ist ein Skandal, dass die Liste gesuchter Neonazis immer länger wird. Es ist ein Skandal, dass Stephan E. viel zu früh vom Radar des Verfassungsschutzes verschwinden konnte. Und es ist ein Skandal, wie leicht Hass und Morddrohungen veröffentlicht werden können. Was im Netz mittlerweile ohne Konsequenzen an Gewalt gepredigt wird, zersetzt eine friedliche Gesellschaft. Der Staat muss konsequent gegen diesen Hass vorgehen – sonst riskiert er Kontrollverlust mit tödlichen Folgen.

Ja, historische Vergleiche hinken meist. Dennoch drängen sich Erinnerungen an die RAF-Zeit auf. Mit Schleier-Fahndung, Sonderermittlern und größtem Druck wählten die Sicherheitsbehörden damals das ganz große Besteck. Jedes Kind kannte die Porträts der Gesuchten auf den Fahndungsplakaten. Auch beim Kampf gegen Rechtsextremismus wird nur große Entschlossenheit zum Ziel führen.

Dabei kann der Staat es nicht alleine richten. Es braucht eine wehrhafte Gesellschaft und Zivilcourage. Vor allem braucht es Mut von jedem Einzelnen, sich im Alltag Antisemitismus, Fremdenhass und Unmenschlichkeit entgegenzustellen.