„Der Arabische Frühling 2.0 kann nicht auf schnelle Erfolge setzen. Die Verteidiger der Regime spielen auf Zeit.“

Die Autokraten in Sudan und Algerien sind Geschichte: Omar al-Bashir und Abdelaziz Bouteflika mussten kurz hintereinander dem friedlichen Druck ihrer Völker weichen und verlängern nun die Riege der nach 2011 gestürzten arabischen Langzeitdiktatoren. Und in beiden Nationen war es am Ende das Militär, das sich gegenüber den angezählten Potentaten als Vollstrecker des Volkswillens inszenierte. Die frustrierten Landsleute hingegen ließ das unbeeindruckt, deren Proteste gehen weiter.

Denn 2019 ist nicht mehr 2011. Beide Seiten – Regime und Volk – haben dazugelernt. Die Regime wissen seit Syrien, Libyen und Jemen: Wer sich dem Volkszorn mit Waffengewalt entgegenstellt, legt am Ende seine ganze Nation in Schutt und Asche. Und die Bevölkerung weiß: Wenn man nur den Chefdespoten davonjagt und den übrigen Apparat aus Generälen und Wirtschaftsbossen unangetastet lässt, sind die alten Verhältnisse schnell zurück. Entweder wir siegen, oder wir werden wie Ägypten, skandieren die Demonstranten in der sudanesischen Hauptstadt Khartum, die nun auch den neuen Junta-Chef und den alten Geheimdienstchef davonjagten. In Algerien verhinderte bisher eine Handvoll Importbarone in Generalsuniform, dass eine nennenswerte Industrie entstand, die dem Nachwuchs Perspektiven und Arbeit geben könnte. Regimegünstlinge plünderten die ölgefüllte Staatskasse und schotteten das Land ab.

Der Arabische Frühling 2.0 dieser Tage kann nicht auf schnelle Erfolge setzen. Die Verteidiger der alten Regime spielen auf Zeit. Im Sudan pocht der Militärrat auf einen Übergang von zwei Jahren, hoffend, dass der Elan der Demonstranten irgendwann erlischt. Algerien führt jetzt ein alter Regime-Apparatschik. Die Demonstranten in Sudan und Algerien sind gewarnt. Sie brauchen Disziplin und einen langen Atem.