„Die Europäer müssen angesichts der Druckkulisse aus Washington einen kühlen Kopf bewahren.“

In der EU wurde es seit Monaten befürchtet – nun scheint es Gewissheit zu werden: Man muss damit rechnen, dass Präsident Donald Trump, der einen obsessiven Hang zu Zöllen hat, innerhalb der nächsten 90 Tage die Auto-Keule Richtung Europa schwingt. Das würde vor allem die deutsche Fahrzeugindustrie ins Mark treffen. Wohlgemerkt: Trump hat sachlich insofern einen Punkt, als der Export von US-Autos nach Europa dort deutlich höher besteuert wird als in umgekehrter Richtung. Nur: Unter verbündeten Ländern redet und verhandelt man. Das ist anstrengend. Aber am Ende gibt es einen Kompromiss, bei dem beide Seiten Federn lassen müssen.

Genau das ist das Problem bei Trump. Von Absprachen und verbindlichen Regeln hält er nichts. Er verfährt, wie die Amerikaner sagen, nach dem Motto „My way or the highway“. Zu Deutsch: Vogel, friss oder stirb. Der Präsident will politische Gefolgschaft von Freund und Feind, im Ausland wie im Inland. Er zieht seinen Kurs „America First“ gnadenlos durch, bis die Gegenseite nachgibt. Es regiert das Prinzip Erpressung. Trump hängt der Illusion nach, dass er mit maximalem Druck alles erreichen kann. Als Paradebeispiel nennt er den Atomstreit mit Nordkorea. Er will die Europäer weichklopfen. Die Drohung mit wirtschaftlichen Strafmaßnahmen soll sie zum ­Ausstieg aus dem Atomabkommen mit dem Iran oder zum Stopp des Erdgas-Pipeline-Projekts mit Russland zwingen.

Pokern, drohen, einschüchtern: Die Europäer müssen angesichts der Druckkulisse aus Washington einen kühlen Kopf bewahren. Mit Blick auf die möglichen Auto-Zölle kommt es vor allem darauf an, geschlossen aufzutreten. Falls Trump aufs Ganze geht, sollten Gegenmaßnahmen erwogen werden, die auch die Amerikaner treffen. Die EU ist zumindest wirtschaftlich eine Macht. Knickt sie ein, wird dies Trump ermuntern, bald den nächsten Hammer herauszuholen.