„Die CDU sollte die Kandidaten nach Plänen, Tatkraft, Glaubwürdigkeit beurteilen. Nicht nach dem Kontostand.“

Betrachtet man das Rennen um den CDU-Vorsitz als 100-Meter-Lauf, war Friedrich Merz der Letzte am Startblock, aber schneller als alle anderen raus. An zwei Hürden kann er ins Stolpern geraten: am Ego und am Geld. Er müsste in die Südsee fliegen und am Vorabend der Wahl zurückkehren. Dann bliebe Merz, was er ist: eine Projektionsfläche für konservative Sehnsüchte. Stattdessen muss er sich stellen, reden, Flagge zeigen. Merz ist intellektuell eitel und hat kein gutes Timing. Auf ihn gehen die Debatten über eine Leitkultur und eine Steuererklärung auf einem Bierdeckel zurück. Die Leitkultur ist in der Union längst Allgemeingut, ein ein­facheres Steuerrecht wäre eine gute Sache. Seinerzeit wurde beides jedoch verlacht, kritisiert, skandalisiert. Merz verdient eine Million. Ein Fußballer von Bayern München wird sich erkundigen, ob wirklich ein Jahresgehalt gemeint ist oder ein Monatslohn. Auf der anderen Seite geben jeden Tag kleine Leute ihren Lottotipp in der Hoffnung auf das große Los ab. Es heißt, Deutschland sei eine Neidgesellschaft. Was ist statthaft? Von Angela Merkel gibt es fast nur Erzählungen der Bescheidenheit. Wer gegen das Bedürfnis nach Märchen verstößt und wie Peer Steinbrück sagt, dass er keinen Pinot Grigio für fünf Euro trinkt, redet sich um Kopf und Kragen. Wenn das Geld korrekt verdient wurde, darf man Merz aus dem Erfolg keinen Strick drehen. Die CDU sollte die Kandidaten nach Plänen, Tatkraft, Glaubwürdigkeit beurteilen. Und nicht nach dem Kontostand.