“Griechenland braucht einen ausgeglichenen Haushalt und gute Rahmenbedingungen für eine wettbewerbsfähige Wirtschaft. “

Europa hatte in den vergangenen Jahren etliche Konflikte zu entschärfen. Doch kaum eine Krise war so einschneidend wie das griechische Schulden-Drama. Die Eurozone und der Internationale Währungsfonds mussten intervenieren, um Griechenland vor dem Kollaps zu bewahren. Dass dabei drastische Reform-Vorgaben an Athen gemacht wurden, liegt auf der Hand. Keine Regierung kann es verantworten, dass die Steuergelder der eigenen Bürger in ein Fass ohne Boden geworfen werden. Dennoch: Es ist ungerecht, dass die griechische Politik der eigenen Bevölkerung jahrzehntelang Sand in die Augen gestreut hat, nun aber viele Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen den Preis bezahlen müssen. Arbeitsplätze fielen weg, die Löhne sanken drastisch, der Krankenversicherungsschutz wurde ausgehöhlt. Die Reichen haben derweil ihr Geld am Fiskus vorbei ins Ausland geschleust.

Der griechische Herkulesakt ist gleichwohl unvermeidlich. Das Land braucht eine institutionelle Erneuerung an Haupt und Gliedern. So muss die Steuerverwaltung endlich den Erfordernissen des 21. Jahrhunderts angepasst und auch elektronisch kontrolliert werden. Firmen brauchen Rechtssicherheit, zum Beispiel durch eine lückenlose Erfassung aller Grundstücke. Nur Betriebe, die Vertrauen in die Gesetze und ihre Anwendung haben, investieren und schaffen Jobs.

Ab heute muss Griechenland auf eigenen Beinen stehen – ohne internationale Hilfspakete. Es ist eine Chance. Die Regierung muss sich auf einen stabilitätspolitischen Marathonlauf einlassen. Man kann es auf folgende Formel bringen: Griechenland braucht einen ausgeglichenen Haushalt und gute Rahmenbedingungen für eine wettbewerbsfähige Wirtschaft. Ein Schuldenschnitt, wie ihn einige fordern, würde die Malaise Griechenlands nur kurzfristig beheben. Die Gefahr, dass der alte Schlendrian zurückkehrt, wäre hoch.