„Die rechtliche Absicherung riecht nach Angstschweiß – VW verhält sich wie ein ertappter Übeltäter.“

Rolle rückwärts! Über Monate hinweg hatte Volkswagen die Position vertreten, die Dotierung der Betriebsräte sei völlig korrekt. Gutachten wurden angeführt, wonach die Bezugsgröße richtig gewählt sei. Für Arbeitnehmervertreter gibt es keine Tarifwerke – der Arbeitgeber setzt die Dotierung in Anlehnung an eine Mitarbeiter-Vergleichsgruppe fest. Und jetzt? Plötzlich wird diese Position kampflos geräumt, das Gehalt des Betriebsratschefs halbiert. Vorübergehend, heißt es. Und wie es ausgeht, weiß keiner.

Die Volte ist das Ergebnis von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Braunschweig. Die Ankläger hatten auf den Verdacht, dass die Gehälter unangemessen hoch sein könnten, den Verdacht der Steuerhinterziehung montiert. Die Konstruktion geht so: Wären die Gehälter zu hoch, hätten sich die Personalverantwortlichen der Untreue gegenüber dem Unternehmen schuldig gemacht. Weil damit auch zu hohe Betriebskosten steuerlich geltend gemacht worden wären, bestünde der Verdacht eines Steuerdelikts. Der gelernte Richter Heribert Prantl, Mitglied der Chefredaktion der „Süddeutschen Zeitung“, kommentierte: „Das ist, kurz gesagt, strafrechtlich albern.“ Vergleichbare Ermittlungen an den Hauptsitzen anderer Konzerne sind uns jedenfalls nicht bekannt.

Volkswagen will rechtliche Risiken minimieren. Festzustellen ist dabei dreierlei: Die Spitze des Unternehmens ist durch die Folgen des Dieselbetrugs offensichtlich wundgescheuert. Das Management entlastet sich auf Kosten der Betriebsräte. Und es unterschätzt erneut die außerrechtliche Wirkung von Handlungen, die ausschließlich auf juristischem Denken basieren.

Viele Kunden verstehen nicht, warum an US-Bürger Geld fließt und an Deutsche nur der Datenstrom des Software-Updates; rechtliche Vertretbarkeit ist eben nicht dasselbe wie kundenorientierte Empathie. Im Falle der Betriebsratsgehälter riecht die Absicherungsstrategie penetrant nach Angstschweiß. VW verhält sich wie ein ertappter Übeltäter und stellt damit seine Seriosität infrage: Warum soll plötzlich nicht mehr wahr sein, was vor wenigen Tagen noch deklamiert wurde?

Dieser Eiertanz ist peinlich und ärgerlich. Er wird auf dem Rücken eines Betriebsrats aufgeführt, der die Belegschaft engagiert vertritt, dabei unternehmerisch denkt und Mitverantwortung übernimmt. Nach einem Investorentreffen in London titelte das „Manager Magazin“ kürzlich: „Investors’ Darling. Betriebsratschef Osterloh geht auf Roadshow – und sorgt für einen Kurssprung.“ Statt Wertschätzung folgt Wolfsburger Wackelkurs zu Weihnachten: Eine schöne Bescherung.