Braunschweig. Statistisch gesehen gilt man nach 14 Tagen als genesen. Aber was ist, wenn der Verlauf schwerer ist und man ins Krankenhaus kommt? Was gilt dann?

Warum werden die Zahlen der aktuell Infizierten nicht mehr in der Zeitung abgedruckt? Dieses hat doch monatelang hervorragend funktioniert. Nur mit diesen Zahlen konnte festgestellt werden, wie viel Prozent der Bevölkerung tatsächlich infiziert sind, eine interessante Zahl übrigens.

Das fragt unser Leser Uwe Kiehne aus Wolfenbüttel

Die Antwort gibt Dirk Breyvogel

Ja, es stimmt. Diese Zeitung veröffentlicht auf ihrer Titelseite nicht mehr die sogenannten aktiven Corona-Fälle, die diese Redaktion stets unter der Rubrik „aktuell infiziert“ meldete. Auf einen schnellen Blick sah man vermeintlich, wie viele Personen sich zum veröffentlichten Meldestand in den Städten Braunschweig, Wolfsburg und Salzgitter und in den Landkreisen Gifhorn, Goslar, Helmstedt, Peine und Wolfenbüttel mit dem Sars-Cov-2-Erreger, also mit Corona, angesteckt hatten. Der Leser weist auf das öffentliche Interesse an dieser Zahl hin, weil sie deutlich mache, wie sich das Verhältnis zwischen Infizierten und Genesenen insgesamt darstelle. Dieses, merkt der Leser an, sei wichtig, um überhaupt einen Eindruck davon zu bekommen, wie hoch die Ansteckungsgefahr in Deutschland sei.

Warum verzichtet diese Redaktion aktuell auf Nennung der aktuell Infizierten?

Die Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI) sind seit Inkrafttreten der „Bundes“-Notbremse ausschlaggebend für die Maßnahmen beim Infektionsschutz vor Ort. Die Notbremse gilt ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von über 100 (Neuinfektionen innerhalb von sieben Tagen auf 100.000 Einwohner gerechnet), wenn dieser Wert an mehreren, hintereinanderliegenden Werktagen in den Kommunen überschritten wird. Spielraum gibt es hier nur noch, pochten die Behörden in den Kreisen und kreisfreien Städten auf frühere, also striktere Maßnahmen. Dann dürften diese beispielsweise in einer allgemeinen Verordnung verfügen, die ab einer Inzidenz von 100 geltende Ausgangssperre auch vor Erreichen dieser Inzidenz einzuführen. Das könnte wirksam sein, wenn man auf diese Weise ein regional begrenztes Infektionsgeschehen eindämmen wollte, so die Begründung des Bundes.

Weiter liegt es im Ermessen der einzelnen Kommune, ihre vor Ort erhobenen Corona-Zahlen zu veröffentlichen. So aktualisiert der Kreis Peine jeden Tag auf Facebook seine Statistik, die auch die aktiven Fälle weiter auflistet. Der Kreis Gifhorn hingegen veröffentlichte diese Zahl seit Beginn der Pandemie nicht. Auch das RKI sieht davon ab, die Zahl der aktuell Infizierten in Deutschland bis runter auf die Ebene von Kreisen und Städten darzustellen, obwohl die Zahlen hinterlegt sind.

Wie errechnen sich die sogenannten „aktiven Fälle“?

Nach Angaben des RKI und des Landesgesundheitsamtes in Hannover basiert die Zahl der aktiven Corona-Fälle auf einer täglichen Schätzung. Sie wird berechnet, indem alle seit Beginn der Pandemie registrierten Infektionen im Verhältnis zu der Zahl der Toten und der der Genesenen gesetzt wird. Wer jedoch als Genesener gilt, das kann von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich eingestuft werden. „In Niedersachsen gilt jeder beim Gesundheitsamt gemeldete nachgewiesene Fall 14 Tage später zunächst als genesen“, erklärt Mike Wonsikiewicz, Sprecher des niedersächsischen Landesgesundheitsamtes. Das entspreche dem vom RKI vorgegebenen Zeitraum für die verordnete Quarantäne. „Diese Personen werden danach in der Statistik automatisch den Genesenen zugeschrieben“, sagt auch die Sprecherin des RKI, Susanne Glasmacher, unserer Zeitung.

Anders sehe es aus, wenn der Verlauf der Erkrankung eine Aufnahme in einem Krankenhaus nach sich zöge. Auch das müssten die Gesundheitsämter den Landesbehörden bzw. dem RKI melden, so Glasmacher. „Wir rechnen als RKI nach der Entlassung aus dem Krankenhaus noch sieben Tage hinzu, dann gilt die Person statistisch als geheilt. Wenn wir keine Meldung darüber haben, wann die Person eingeliefert beziehungsweise entlassen worden ist, setzen wir eine Frist von 28 Tagen ab dem Zeitpunkt der gemeldeten Infektion an.“

Vergleichbare Parameter wählt nach Angaben von Sprecher Wonsikiewicz aber auch das Landesgesundheitsamt in Hannover. RKI-Sprecherin Glasmacher verweist daher bei den aktiven Corona-Fällen auf einen gewissen Grad der Unschärfe. „Das ist der Grund, warum unsere veröffentlichten Zahlen hier gerundet sind.“

Gemeldete Corona-Fälle mit den Angaben von aktiven Fällen, Toten und Genesene in den Bundesländern, Stand 3. Mai, 03.10 Uhr.
Gemeldete Corona-Fälle mit den Angaben von aktiven Fällen, Toten und Genesene in den Bundesländern, Stand 3. Mai, 03.10 Uhr. © Jürgen Runo | Jürgen Runo

Was veröffentlicht das RKI hierzu?

Es gibt aber auch gute Nachrichten für den Leser. Das täglich aktualisierte RKI-Dashboard zeigt für den Bund und die einzelnen Länder die „geschätzte“ Zahl der aktiven Corona-Fälle (siehe Screenshot). Darüber kann man zumindest Anhaltspunkte dafür bekommen, wie sich das Verhältnis zwischen Infektionen und Genesenen entwickelt. In Niedersachsen waren es mit Stand vom 3. Mai, nachts um 3:10 Uhr, rund 16.200, bundesweit beläuft sich die Zahl auf circa 302.000 Fälle (siehe Deutschlandkarte).