Braunschweig. Ein Flyer aus unserer Region wirkt verdächtig. Doch die Lage ist nicht immer eindeutig. So sind Sie gewappnet.

Ein älteres Ehepaar aus Niedersachsen wollte es sich zuhause wieder so richtig schön machen. Von einer „professionellen“ Reinigungsfirma bekam es ein Angebot: 3500 Euro für die Reinigung von Dach, Gehweg und Gartenmauer. Als das dem Ehepaar zu teuer erschien, gab es einen Preisnachlass: 2400 Euro war das neue Angebot – wenn sofort gestartet und in bar bezahlt würde. Der Dreck wurde jedoch nur verteilt. Eine Reklamation war nicht möglich – die angebliche Firma existierte unter der angegebenen Adresse nicht. Das ist ein Fall, der der Verbraucherzentrale Niedersachsen vorliegt. Geködert werden die Opfer oft mit Flyern, die Tageszeitungen beigelegt sind. Ähnlich einem Flyer, der unserer Zeitung beilag. Handelt es sich hier auch um Abzocke?

„Diese Art der Flyer als Beilage gibt es schon relativ lange. Früher war es die Polster- und Teppichreinigung, die so beworben wurde, dann kam die Fassadenreinigung und heute ist es die Stein-, Dach- und Terrassenreinigung“, sagt Petra Wolf, Leiterin der Beratungsstelle Braunschweig der Verbraucherzentrale Niedersachsen.

Druck wird ausgeübt

Anfang 2020 berichtete unsere Zeitung mehrfach über eine Polsterei mit dubiosen Haustürgeschäften. Die angeblichen Geschäftsräume waren verwaist; die Polizei ermittelte, da sich Kunden betrogen fühlten. Die Flyer ähneln sich oft – so auch der aus Gifhorn. Geworben wird mit Vorher/Nachher-Bildern und einer Sonderaktion, die nur noch begrenzt verfügbar ist. In diesem Fall sind es „20 Prozent Rabatt auf alle Dienstleistungen ab heute 7 Tage gültig“. Mit solchen Angeboten werden Leute dazu gedrängt, sich schnell zu melden.

„Aber nur, weil jemand mit solchen Flyern Werbung macht, muss er kein unseriöser Anbieter sein. Dennoch gibt es gerade hier oft Reklamationen“, so Wolf. Das ganze kann so ablaufen: Die Verbraucher rufen an und erkundigen sich nach einem Angebot. Mitarbeiter kommen vorbei und üben teilweise massiv Druck aus, um sofort einen Auftrag zu bekommen – inklusive Vorkasse. Danach würde nicht zufriedenstellend gearbeitet.

Inhaber des Unternehmens nicht eindeutig

Es gebe zwar einen Anspruch auf Nacherfüllung, den man sich einklagen kann. Wolf sagt: „Wenn es aber niemanden gibt, der greifbar ist und bei dem ich reklamieren kann, ich bereits in Vorleistung gegangen bin und die Arbeit nicht ordnungsgemäß erfüllt wurde, ist das ein möglicher Betrugsfall. Wir empfehlen dann, bei der Polizei Anzeige zu erstatten.“

Wie verhält sich das aber bei dem Unternehmen aus Gifhorn? Es gibt eine Adresse und einen Briefkasten, der jedoch unbeschriftet ist. In den Fenstern hängen Flyer mit einem Angebot von „30 Prozent Rabatt für Neukunden ab heute 5 Tage gültig“. Die Telefonnummer ist die selbe, der Firmenname und die Aufmachung sind jedoch anders. Auch wer der Inhaber des Unternehmens ist, wird nicht klar. Es gibt nur die Abkürzung eines Namens.

Gezielt Senioren werden angesprochen

Die angegebene Nummer ist eine Handynummer – das Whatsapp-Profilbild zeigt ein Kind in einem Restaurant. Unsere Redaktion ruft verdeckt an, um sich nach einer Terrassenreinigung zu erkundigen. „Das haben wir nicht mehr im Angebot“, sagt ein Mann am anderen Ende und wimmelt ab. Eine professionelle Stein- und Dachreinigungsfirma, die keine Terrassen mehr reinigt? Kurze Zeit später ruft jemand anderes bei dem Unternehmen an und gibt sich als alte Frau aus – plötzlich steht das Angebot wieder.

Verbraucherschützerin Wolf sagt: „Es werden explizit Senioren angesprochen. Erfahrungsgemäß sind diese leichter zu einem Vertragsabschluss an der Haustür zu bewegen.“

Angebote vergleichen

Ein paar Tage später rufen wir noch einmal an und geben uns zu erkennen. Das Gegenüber – seinen Namen nennt er nicht – wird aggressiv und ausfallend und weigert sich, den Namen des Inhabers zu nennen. „Das könnte ein Indiz sein. Ein seröser Anbieter sollte schon seinen Namen nennen“, so Wolf. Polizeisprecher Christoph Nowak sagt, ob etwas illegal sei, müsse wie immer im Einzelfall überprüft werden. „Man sollte aber immer misstrauisch sein und bei einem unguten Gefühl standhaft bleiben“, sagt er

Bei einem Außergeschäftsraumvertrag haben die Verbraucher laut Wolf 14 Tage das Recht zum Widerruf – ab dem Zeitpunkt, ab dem sie über dieses Recht informiert wurden. Das machen solche Firmen oft nicht. Seriöser seien Anbieter, die einen vollen Inhabernamen nennen und eine Festnetztelefonnummer vor Ort besitzen. Man solle immer mehrere Angebote von verschiedenen Anbietern einholen und diese vergleichen – und nicht in Vorkasse gehen. Wolf sagt: „Jeder seriöse Handwerker gewährt die Zeit, noch einmal über das Angebot nachzudenken.“