Braunschweig. Messungen des Deutschen Wetterdienstes zeigen: Solche Schneehöhen gab es zwischen Harz und Heide schon einige Jahre nicht mehr.

Am Esstisch und in Sozialen Medien – auch auf unseren Facebook-Seiten – hat sich in den vergangenen Tagen neben den Corona-Einschränkungen ein zweites Gesprächs-, wenn nicht gar Streitthema etabliert: das Winterwetter. Die einen halten die Schneemengen für einen „ganz normalen Winter“ und bezeichnen die hiesigen Probleme von Räumdiensten als „lachhaft“. Andere wiederum ziehen und zogen schnell Vergleiche zum Extremwetter 1979, das viele als „Schneekatastrophe“ in Erinnerung haben.

Oft helfen Zahlen, die richtige Einordnung zu finden – deshalb hat unsere Redaktion den Deutschen Wetterdienst (DWD) um Daten zu Schneehöhen und Tiefsttemperaturen von Messstationen aus der Region gebeten. Was wurde Anfang dieser Woche gemessen? Wann traten solche Schneehöhen zuletzt auf? Und was sind die Rekordwerte in den Städten? Der Blick auf die Zahlen stellt klar: Das „Extremwetter“ lässt sich zwischen beiden Polen verorten.

Vorweg schickt Diplom-Meteorologin Natascha Papenhausen zu den Daten allerdings eine Einschränkung: Messdaten zu Schneehöhen seien „immer mit Vorsicht zu genießen“, da sie von nur einer DWD-Station pro Standort aufgezeichnet werden – zudem können starker Wind und somit Verwehungen die Messungen verfälschen. So erklären sich wohl zum Beispiel die verhältnismäßig geringen Werte aus den Wetterstationen in Braunschweig und Peine, obwohl die Schneemassen auch dort zahlreiche Verkehrsbehinderungen auslösten.

„Früher ist noch jemand mit dem Stock rausgegangen, hat hier und dort geschaut und anschließend einen Mittelwert aus allen Messungen gebildet. Heute übernehmen das an vielen Stellen Automaten, die per Laser die Höhendifferenz auf einer festgelegten Fläche messen“, sagt Papenhausen. Sollte auf dieser Platte weniger Schnee liegen als rundherum, fließen die Daten trotzdem in die Statistik ein.

Wolfenbüttel stellt neuen Höchstwert auf

Trotz eventueller Schwankungen weisen die Messdaten des Deutschen Wetterdienstes eindeutige Tendenzen aus: Manche Orte wie beispielsweise Wolfsburg, Helmstedt, Göttingen, Bad Harzburg oder Braunlage sind von ihrem Rekordhoch – aufgestellt zumeist Mitte des vergangenen Jahrhunderts – um einiges entfernt.

Der DWD schränkt ein, dass es an manchen Wetterstationen zu Messfehlern kommen kann - und zwar dann, wenn starke Winde für Verwehungen sorgen.
Der DWD schränkt ein, dass es an manchen Wetterstationen zu Messfehlern kommen kann - und zwar dann, wenn starke Winde für Verwehungen sorgen. © Jürgen Runo

An der Station in Braunlage hatte der Deutsche Wetterdienst im Februar 1952 ganze 1,60 Meter Schnee gemessen – am Dienstag immerhin 51 Zentimeter. Ähnliche Verhältnisse auch in Wolfsburg oder Helmstedt: In der Großstadt kam die Station auf 24 Zentimeter, etwa die Hälfte des Rekordwerts aus dem Februar 1979. In der Kreisstadt Helmstedt wurden am Montag 28 Zentimeter registriert – 65 Zentimeter waren es im Februar 1963. Im Übrigen auffällig: Nahezu alle Rekordschneehöhen der Region entspringen dem zweiten Monat eines Jahres. Und: Nur Braunschweig und Wolfsburg verzeichnen Rekorde aus dem als so extrem in Erinnerung gebliebenen Winter 1979.

Andere Orte wie beispielsweise Salzgitter oder Gifhorn kratzten zu Wochenbeginn schon eher an ihrem Allzeithoch. In der Stahlstadt wurden am Montag 34 Zentimeter Schneehöhe gemessen (Rekord: 38), in Gifhorn 20 Zentimeter (Rekord: 27). Die Wetterstation in Wolfenbüttel wiederum maß zu Wochenstart 30 Zentimeter Schnee – eine neue Höchstmarke, denn die bisherige hatte bei 23 Zentimetern gelegen.

Die Schneewalze 2021 – mit Ausnahme von Wolfenbüttel doch nicht so rekordverdächtig? Zumindest den schneereichen Winter 2010/2011, der beispielsweise in Helmstedt und Bad Harzburg für die zweithöchsten Werte sorgte, erreicht der diesjährige Februar. Und zwar in allen untersuchten Städten. Vor 2021 und 2010 haben sich vergleichbare Zentimeterhöhen in dieser Gegend letztmals im Jahr 1987 angesammelt, wie Papenhausen ausführt. Die Menge an Schnee auf einen Schlag ist also durchaus ungewöhnlich für diese Region.

Dauerfrost reicht nicht für Rekorde

Den Wintereinbruch vor einigen Tagen zeichnen neben dem vielen Schnee auch die eisigen Temperaturen aus. Hier sind die Minusgrade aber noch ein ganzes Stück von Rekordwerten entfernt, wie die Meteorologin anhand der DWD-Daten darlegt. Am Dienstag zeigte das Thermometer in Göttingen von allen angefragten Standorten die niedrigste Tiefsttemperatur, nämlich minus 20 Grad. Der Rekord in der Stadt liegt allerdings bei minus 28 Grad aus dem Jahr 1956. In Braunschweig hingegen war es zu Wochenstart am „mildesten“, hier wurde ein Ausschlag von minus 12 Grad gemessen – der Rekord liegt dort bei fast minus 23 Grad.

Fotos aus schneereichen Jahren?

Sie besitzen noch schöne, eindrucksvolle oder originelle Bilder aus schneereichen Wintern der Region wie zum Beispiel 2010 oder 1979? Senden Sie uns diese gerne zu!

Sie können dies per Mail an leser-fotos-bzv@funkemedien.de tun oder das Foto hier hochladen.

Wie aber geht es weiter? Laut Deutschem Wetterdienst bleibt Neuschnee in Niedersachsen innerhalb der nächsten Tage großteils aus. Bis auf einige zähe Nebelfelder im Südosten des Landes kommt vielerorts die Sonne zum Vorschein. Tauwetter soll jedoch nicht so schnell eintreten – die Temperaturen verharren tags wie nachts unter dem Nullpunkt, in den Nachtstunden auch zweistellig im Minus.