Braunschweig. Schacht Konrad in Salzgitter – und auch der Müll aus der Asse bleibt noch Jahrzehnte bei uns: Das Zwischenlager kommt.

Ahnen konnte man es ja schon. Im vergangenen Jahr aber herrschte Gewissheit: Stand jetzt wird das Zwischenlager direkt am Atommüll-Lager Asse bei Wolfenbüttel gebaut. So will es die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), so will es das SPD-geführte Bundesumweltministerium.

Beide setzen auf die einfachste Lösung: Wenn die 126.000 Fässer mit Atommüll ab voraussichtlich 2033 aus der Asse geborgen werden sollen, sollen sie nicht erst noch durch die halbe Republik gefahrenwerden, um zwischengelagert zu werden. Das Zwischenlager soll direkt an der Asse entstehen. Das sagte – in dieser Klarheit etwas überraschen und plötzlich – Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Umweltministerium, Mitte Juli bei einer Veranstaltung zur Asse in Wolfenbüttel. Das gab Rita Schwarzelühr-Sutter, ebenfalls Staatssekretärin im Ministerium, in einem Schreiben Ende September auch schwarz auf weiß zu Protokoll.

Hubertus Heil arbeitet hinter den Kulissen

Das bedeutet, dass ein Zwischenlager unserer Region nach dem jahrzehntelangen Asse-Desaster voraussichtlich weitere Jahrzehntelang erhalten bleiben wird, bis der Asse-Müll endgelagert werden soll. Die Forderungen von Bürgerinitiativen, Bundestags- und Landtagsabgeordneten sowie Kommunalpolitikern aus unserer Region bleiben wohl ungehört. Sie wollen, dass mindestens zwei weitere Standorte geprüft werden.

Einzig Bezirks-Chef und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und seiner SPD ist es noch zuzutrauen, seine Kabinettskollegin und Parteifreundin, Bundesumweltministerin Svenja Schulze, umzustimmen. Wahrscheinlich ist das nicht.

Peiner suchen nach dem Endlager

Der langfristige Plan ist, den schwach- und mittelradioaktiven Asse-Müll im noch zu findenden Endlager für hoch radioaktiven Müll mit aufzunehmen. Ob das schon rein aus Kapazitätsgründen klappt, ist längst noch nicht klar. Der Standort soll 2031 feststehen, ab 2050 könnte der Müll im Idealfall eingelagert werden. Auch bei diesem Endlager steht unsere Region übrigens in großen Teilen noch zur Auswahl – wie 54 Prozent der Bundesrepublik. In ganz Niedersachsen sind es noch 80 Prozent. Hier gibt es besonders viele Ton- und Salzschichten, die sich anbieten könnten.

Die BGE mit Sitz in Peine ist nicht nur für die Asse und Schacht Konrad in Salzgitter zuständig. Sie sucht auch nach dem Endlager für hoch radioaktiven Atommüll. Ende September bekamen die Peiner erstmalig bundesweit Beachtung, als sie ihre Pläne vorstellten.

Gorleben ist aus dem Rennen raus

Dass bundesweit 90 Gebiete mit 54 Prozent der Fläche der Republik im Rennen sind, überraschte zuerst. Unter anderem Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) begrüßte diese weit gefasste Vorentscheidung allerdings. So könne man weiter Teile der Bevölkerung in einem frühen Stadium der Endlager-Suche mitnehmen. Kritiker bemängelten, dass die Betroffenheit im zweiten Schritt, bei dem nur noch fünf bis zehn Prozent der Republik infrage kommen, umso größer und schockierender sei.

Der lange heftig umkämpfte Salzstock Gorleben ist schon jetzt nicht mehr im Rennen. Die Endlagergesellschaft aus Peine handelte sich deshalb vor allem aus Bayern heftige Kritik ein.

Corona sorgt für Verzögerungen

Bei der Asse gab es übrigens nicht nur die Vorentscheidung auf den Standort fürs Zwischenlager, die BGE legte auch ihren lange angekündigten Rückholplan vor. Da stand Mitte April schon drin, dass die BGE ein sehr standortnahes Zwischenlager favorisiert. Für die Rückholung ist geplant, einen neuen Schacht sowie ein daran angeschlossenes Rückholbergwerk zu errichten. Die BGE plant zudem, auf dem neuen Betriebsgelände auch eine Abfallbehandlungsanlage zu bauen. Dort soll der Atommüll untersucht und neu verpackt werden, um ihn bis zum Abtransport in ein noch ungeklärtes Endlager sicher lagern zu können.

Die Corona-Pandemie sorgte auch bei der Asse und bei Schacht Konrad für Verzögerungen. Welchen Ausmaßes, das muss sich noch zeigen. Damit die Mitarbeiter sich nicht gegenseitig anstecken, arbeitete zwischenzeitlich nur noch die Hälfte der Belegschaft unter Tage. Dennoch gelang es der BGE, den ersten Spatenstich für die Gebäude der Schachtanlage Konrad 2 – hier wird der Einlagerungsschacht gebaut – zu setzen.

Firmen überprüfen sich selbst

Kopfschütteln erntete die BGE mit Blick auf Konrad hingegen in einem anderen Punkt: Die Peiner beauftragten drei Endlager-Firmen, die auch an der Planung und am Bau von Schacht Konrad beteiligt sind, sich stark bei einem Sicherheits-Gutachten einzubringen. Es ging dabei nicht um irgendein Gutachten, sondern um die Überprüfung der sicherheitstechnischen Anforderungen für das Endlager Konrad, kurz Üsiko. Die Endlager-Firmen prüften also die eigenen Pläne. Von einem Interessenkonflikt wollte man bei der BGE dennoch nichts wissen.

So oder so: Unsere Region bleibt noch für einige Zeit das Atomklo der Republik.