Braunschweig. Vor allem Bäcker ärgern sich über die Pflicht, für jeden Kauf einen Bon auszudrucken.

„Möchten Sie einen Kassenbon?“ Eine einfache Frage, die auch einfach mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden könnte. Doch Bäckermeister Carsten Richter berichtet, dass seine Mitarbeiter nun häufig in Diskussionen verwickelt werden. „Viele Kunden wollen die Bons nicht haben und ärgern sich über das unnötige Papier, das produziert wird“, sagt der Geschäftsführer der Altstadtbäckerei in Wolfenbüttel, die mittlerweile mit 17 Standorten in der Region vertreten ist, in Braunschweig ebenso wie in Vechelde und Salzgitter-Thiede.

So sehr Richter Verständnis hat für den Unmut der Kunden, so falsch findet er es, dass seine Verkäufer in den Filialen die Folgen einer Regelung ausbaden müssen, die seit Jahresbeginn in Kraft ist. Die Bonpflicht ist Teil eines bereits Ende 2016 beschlossenen Gesetzespakets, mit dem der seit Jahren grassierende Steuerbetrug an Ladenkassen eingedämmt werden soll. Der Staat verliert laut Bundesfinanzministerium hohe Summen, weil einige Unternehmen ihre Umsätze mit manipulierten Kassen, Schummelsoftware oder fingierten Rechnungen nicht oder falsch erfassen – vor allem in der Gastronomie und in anderen Branchen mit hohem Bargeldanteil. Die Steuergewerkschaft und einige Bundesländer bezifferten den Schaden in der Vergangenheit auf jährlich etwa zehn Milliarden Euro.

Nun bekommen die Kunden nicht nur beim Bäcker einen Kassenbon. Auch am Zeitungskiosk oder im Mittagsimbiss ist der Kassenzettel Pflicht. Allerdings gibt es Ausnahmen: Denn auch 2020 muss nicht zwingend eine elektronische Kasse eingesetzt werden. Auf Wochenmärkten zum Beispiel werden sogenannte „Handkassen“ weiterhin erlaubt sein. Diese sind von der Bonpflicht befreit; der Händler muss dafür am Ende des Tages seine Einnahmen genau auflisten.

„Der Staat will die schwarzen Schafe kriegen, aber die weißen werden bestraft“, sagt Richter. So sieht es auch Babette Lichtenstein van Lengerich vom Bäckerinnungsverband Niedersachsen-Bremen. Die Bonpflicht führe in den Geschäften zu mehr Aufwand und höheren Kosten. „Die Kunden wollen die Bons nicht haben“, sagt sie. Eine Umfrage unter Bäckereibetrieben in Niedersachsen habe ergeben, dass nicht einmal jede zehnte Quittung über die Theke gehe, der Rest lande im Müll. Für die Kunden verlängere die Bonpflicht den Kassiervorgang. Wegen des benötigten Papiers koste sie größere Betriebe zudem Tausende Euro im Monat.

Axel Milkau, Geschäftsführer der Stadtbäckerei Milkau in Braunschweig, die 24 Geschäfte in der Region betreibt, hat nichts gegen bessere Kontrollen, ärgert sich aber über den „ökologischen Unsinn“, den die Bonpflicht mit sich bringt: „Da wird unnötig Müll produziert.“ Der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks hat unlängst vorgerechnet: Angenommen, der durchschnittliche Kassenbon sei
20 Zentimeter lang und in jede Bäckerfiliale kämen 100.000 Kunden pro Jahr – dann könne man mit den Kassenzetteln eines Jahres die Erde 25 Mal einwickeln.

Bäcker und Händler zweifeln nicht zuletzt auch deswegen an der Sinnhaftigkeit der Bonflut, weil elektronische Kassen ab diesem Jahr ohnehin verpflichtend mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) ausgerüstet werden. Bis Ende September haben Händler noch Zeit, diese in ihren Betrieben einzuführen. Für die Betriebe seien damit Mehrkosten verbunden, sagt Mark Alexander Krack, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Niedersachsen-Bremen. Eine derartige Umrüstung kostet den Angaben zufolge bis zu 500 Euro pro Kasse. Eine zusätzliche Belegpflicht zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung werde damit nicht gebraucht, ist Krack überzeugt. Auch der Handelsverband HDE weist darauf hin, dass mit dem ersten Tastendruck beim Kassieren eine Transaktion eröffnet werde, die sich bei einer fälschungssicheren Kasse nicht mehr ohne Spuren löschen lasse.

Das Wirtschaftsministerium in Hannover hält die Ausgabe von Bons dagegen für notwendig. Sie diene einer verstärkten Transparenz im Kampf gegen Steuerbetrug, da auf den Beleg zusätzliche Daten aufgedruckt werden müssen, sobald die Kasse mit der gesetzlich vorgeschriebenen TSE-Software nachgerüstet wurde. „Anhand des ausgegebenen Belegs ist bei einer Kassen-Nachschau oder einer steuerlichen Außenprüfung unter anderem schneller nachprüfbar, ob der Geschäftsvorfall einzeln festgehalten, aufgezeichnet und aufbewahrt wurde“, erläutert ein Sprecher. So könne etwa anhand eines Abgleichs des Bons mit den Aufzeichnungen der Kassensoftware eine Manipulation der Kasse festgestellt werden. Kassen-Nachschauen und somit die Betriebsunterbrechungen könnten – im Interesse der Kunden und des Unternehmens – so auf ein Mindestmaß reduziert werden.