Hannover. Landesumweltminister Olaf Lies fordert Tempo beim Klimaschutz – auch, um Bäume zu retten. Man dürfe die Probleme nicht auf den Borkenkäfer reduzieren.

Bereits vor Jahrzehnten gaben Wissenschaftler unseren Wäldern kaum noch eine Chance zum Überleben. Sind die fortwährenden bis heute andauernden Angstmeldungen eine Strategie der Medien?

Das fragen die Leser Dieter und Helga Nitsche aus Wolfenbüttel

Dazu recherchierte Michael Ahlers

Um den Ernst der Lage zu verdeutlichen, ließ Landesumweltminister Olaf Lies (SPD) im großen Saal des Umweltministeriums nicht nur Bilder schwer geschädigter Wälder an die Wand werfen.

In einem Faktenpapier „Wälder und Klimaschutz in Niedersachsen“ versuchten Lies’ Fachleute unter dem Punkt „Der Klimawandel und der Wald“ grundsätzlich Klarheit zu schaffen. „Durch den Klimawandel verändern sich Temperaturen und Niederschlagsmuster zu schnell, als dass sich Baumarten auf natürliche Weise anpassen könnten“, heißt es in dem Papier. Man dürfe die Probleme daher nicht auf den Borkenkäfer reduzieren, sagte Lies. Vielmehr treffen Plagen wie der Käfer nach Einschätzung der Fachleute auf geschwächte Bäume. „Wir reden nicht nur über Fichten“, betonte der Minister. Auch Buchen und weitere Arten seien betroffen. Temperatur- und Niederschlagskurven zeigen laut Umweltministerium, dass es vielen Baumarten zu warm und zu trocken in Niedersachsen werde. Bei der Bodenfeuchte sei auch nach Regenfällen nach wenigen Zentimetern Schluss, so Lies. 2018 gab es im Mittel nur 500 Millimeter Niederschlag, sagte ein Experte des Ministeriums, normal seien in Niedersachsen 750 Millimeter. Die Durchschnittstemperatur habe zweieinhalb Grad über dem langjährigen Mittel gelegen. Dass die Probleme eine Erfindung der Medien sind, wie die Leser nachfragen, wird man vor dem Hintergrund solcher Äußerungen kaum behaupten können.

Die Gegenposition, wonach sich der Wald immer wieder erholt habe, gibt es allerdings auch. „Jedes Jahr, das wir verschenken, wird uns am Ende fehlen“, warnte jedenfalls Lies. „Wir freuen uns, dass nun auch der Koalitionspartner die Bedeutung des Themas Wald erkannt hat“, spottete die CDU-Landtagsfraktion in einer Erklärung. Deren Vorsitzender Dirk Toepffer hatte mit Appellen zur Wiederaufforstung die Debatte angekurbelt. Lies stellte auch die Bedeutung der Moore für den Klimaschutz heraus. Diese hätten eine herausragende Bedeutung als Kohlenstoffspeicher. Dass ein reines Aufforsten nicht reicht, darin ist sich Lies mit der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Anja Piel einig. Für einen effektiven Klimaschutz müssten alle Räder ineinandergreifen, betonte der Landesumweltminister. Dabei sieht Lies offenbar zunächst den Bund in der Pflicht. „Wir brauchen einen wirklichen Generalplan Klimaschutz“, sagte Lies. Ähnlich äußerte sich später auch der Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Wie schon die Vorgängerregierung steht aber diese niedersächsische Landesregierung unter massivem Druck insbesondere der Grünen, endlich ein eigenes Klimaschutzgesetz vorzulegen. Ein relativ schlanker Entwurf liegt vor. Er enthält aber vor allem Zielbeschreibungen, „Grundsätze“ und „Instrumente“. Was genau das im Gesetz angekündigte „Maßnahmenprogramm“ beinhalten soll, dazu wollen weder Weil noch Lies allzu viel sagen.

Weil nannte auf Nachfragen „softe“ Bereiche wie energetische Sanierung von Landesgebäuden. Heikle Bereiche wie die Landwirtschaft, in denen harte Interessenkonflikte drohen, riss Lies immerhin an. Hier wolle man gemeinsam mit dem Landwirtschaftsministerium überlegen, wie der nötige Wandel aussehen könne, sagte er. Auch die heikle Frage der Tierhaltung nannte Lies. Revolutionen dürften da allerdings nicht zu erwarten sein. Weil sprach am Donnerstag von „schwierigen Transformationsprozessen“ auch in der Landwirtschaft. Viele Tiere bedeuteten eben auch viele Emissionen, so der Regierungschef

Klar ist, dass Mobilität und Verkehrswende, Energiesparen und Innovationen wie „Grüner Wasserstoff“ Pfeiler der Wende sein sollen. Und natürlich setzt Lies auf den Ausbau erneuerbarer Energien. Das gehe alles viel zu langsam, sagte er und plädierte prompt dafür, mit dem Vorziehen des Kohleausstiegs auf 2030 mehr Druck zu machen. Weil wiederum warnte indirekt vor zu hohen Erwartungen an Landesklimagesetze. Das zeige ein Blick in andere Ländergesetze, die – im Gegensatz zum niedersächsischen – schon vorlägen. Darin gehe es eher um Ziele, Verfahren und „Monitoring“, so Weil.