Braunschweig. Meteorologe Andreas Friedrich sagt: „Die Regeln haben sich nicht geändert: Die Stecker aus der Steckdose zu ziehen ist die richtige Entscheidung.“

Es sei echt krass gewesen, dass der Blitz bei der Frau in Wolfsburg in einen Föhn eingeschlagen ist.

Dies schreibt Andreas Brunzel auf unseren Facebook-Seiten.

Zum Thema recherchierte Ida Wittenberg.

Auch wenn uns in den kommenden Tagen keine Gewitter erwarten, sind in diesem Sommer schon die ersten Unwetter über unsere Region hinweggezogen. In der vergangenen Woche kam es dabei bereits zu einem Unglück. Der Blitz schlug in eine Wohnung im Wolfsburger Stadtteil Neindorf ein (wir berichteten). Die 61-jährige Bewohnerin soll nach Angaben der Polizei Wolfsburg dabei ein elektrisches Gerät in der Hand gehalten haben – dieses fing später Feuer, sie selbst verletzte sich an der Hand und kam in eine Klinik.

Kein Einzelfall: „Etwa eine halbe Million Blitzeinschläge gibt es pro Jahr in Deutschland“, weiß Stephan Thern, Gewitterexperte und Mitarbeiter beim Siemens Blitz-Informationsdienst (BLIDS). Dieser misst seit 1991 mit mittlerweile rund 160 Messstationen in Europa das elektromagnetische Feld von Blitzen. Aus den Werten der verschiedenen Messempfänger lasse sich genau ermitteln, wo gerade ein Blitz einschlägt.

Sprichwörter, wie auch ja alle Stecker aus den Steckdosen zu ziehen, schwirren seit Großmutters Zeiten in unseren Köpfen. Doch was ist dran an dem Mythos?

„Die Regeln haben sich nicht geändert: Die Stecker bei Gewitter aus der Steckdose zu ziehen ist immer noch die absolut richtige Entscheidung“, erklärt Andreas Friedrich, Tornadoexperte und Pressesprecher beim Wetterdienst. „Der Blitz schlägt ins Haus ein, dadurch kommt es zu Überspannungen. Diese gehen dann durch die Stromleitungen im Haus, welche jedoch nicht für solche extremen Spannungen ausgelegt sind.“

Wie es überhaupt zu einem Blitz kommt erklärt Stephan Thern vom BLIDS noch einmal ausführlich: Die Ladung entstehe durch die Reibung, die die Wassertropfen erfahren, wenn die warme Luft, gerade im Sommer, nach oben steigt. „Oben entsteht positive Ladung, unten negative. Dann muss ein Ausgleich her: es blitzt. Ströme von bis zu 150 Kilo Ampere entladen sich dabei.“ Im Vergleich: Eine Steckdose hat etwa 16 Ampere.

Der Blitz suche sich bei einem direkten Einschlag immer den kürzesten Weg durch das Haus, denn er verfolge das Ziel geerdet zu werden. Durch die verschiedenen Kabel finde der Blitz dabei seinen Weg in ganz viele Leitungen und somit auch in die verschiedenen Endgeräte die in der Steckdose stecken. „Ein Direkteinschlag wird von keinem Gerät abgefangen, welches sich am Stromnetz befindet. Hier hilft wirklich nur: Stecker ziehen.“

Auf die Frage, ob auch das Duschen bei Gewitter gefährlich sei hat Thern auch eine Antwort: „Befindet man sich nicht gerade in einer uralten Holzhütte, kann dabei nichts passieren. Mittlerweile sind fast alle Wasserleitungen geerdet.“

Möchte man trotzdem etwas für seine eigene Sicherheit tun, gebe es verschiedene äußere und innere Schutzmöglichkeiten. Vorab sollte festgehalten werden das Blitzschutzsteckdosen alleine nicht helfen. Sie sollten etwa mit der Installation eines Sicherungsautomaten in den Sicherungskasten kombiniert werden. Sicheren Schutz gibt es nur bei Einbau eines komplett abgestimmten Blitzschutzsystems aus innerem und äußerem Blitzschutz.“

Falls es trotz aller Vorsicht doch zu einem Unglück nach einem Blitzeinschlag kommt, hoffen die Betroffenen, dass die Versicherung einspringt. Doch auch hier gibt es einiges zu beachten.

Maximilian Gehr, Versicherungsexperte bei der Verbraucherzentrale Niedersachsen, klärt auf: „Bei einem direkten Blitzeinschlag greift im Normalfall die gewöhnliche Wohngebäude- oder Hausratversicherung.“ Problematischer werde es jedoch bei Überspannungs- oder Kurzschlussschäden. Genauer bedeutet dies, dass der Blitz nicht direkt ins eigene Haus einschlägt, sondern etwa ins Nachbarhaus, die Spannung aber weitergeleitet werde. „Hier unterscheiden sich die Bedingungswerke bei den Versicherungen. Die Klausel für Überspannungs- und Kurzschlussschäden zu haben ist jedoch eine dringende Empfehlung“, sagt der Versicherungsexperte.