Braunschweig. . Der neue Präsident des Bundes Deutscher Baumeister, Christoph Schild, fordert von den Kommunen klare Vorgaben für Investoren.

Wohnungsknappheit, unbezahlbare Mieten, rasant steigende Grundstückspreise: Bezahlbares und gutes Wohnen war das Hauptthema des Deutschen Baumeistertags. In diesem Rahmen treffen sich alle zwei Jahre die Delegierten des Berufs- und Branchenverbands Bund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure (BDB). In Braunschweig, wo die Konferenz dieses Jahr stattfindet, sprachen am Freitag Niedersachsens Bauminister Olaf Lies (SPD) sowie Michael Groschek, Präsident des deutschen Verbandes für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung – und diskutierten mit den Branchenvertretern über Maßnahmen zur Schaffung von Wohnraum.

Groschek: Grundsteuer erhöhen

Lies wie Groschek forderten erhöhte Anstrengungen, um geeignete Flächen als Bauland zu nutzen. Beide beklagten, dass Bauland als Spekulationsobjekt diene. „Die Debatte, ob Eigentum nicht auch verpflichtet, muss geführt werden“, sagte der Bauminister in der Maschinenhalle des Steigenberger Parkhotels. Groschek, ehemaliger Chef der SPD in Nordrhein-Westfalen, forderte, durch eine Erhöhung der Grundsteuer auf unbebaute Grundstücke mehr Baugrund zu schaffen.

„Die Bekämpfung der Bodenspekulation ist eine vordringliche Aufgabe“, sagte der scheidende BDB-Präsident Hans Georg Wagner im Gespräch mit unserer Zeitung. Wagner wandte sich aber entschieden gegen staatliche Enteignungen – „die ziehen nur Entschädigungsforderungen nach sich“. Das Grundgesetz und die Länderverfassungen böten andere Möglichkeiten, „Spekulationsgewinne und privaten Baugrund der Öffentlichkeit zugänglich zu machen“.

Bauminister Olaf Lies: Verständnis für Wunsch nach Einheitlichkeit

Um das Bauen für Bauherren und Planer einfacher zu machen, regte Wagner an, die Bauordnungen zu vereinheitlichen. Bisher gelten in jedem Bundesland verschiedene Regeln. „Da ist der Bau einer Treppenstufe in dem einen Ort anders geregelt als im Nachbarort. Das ist völliger Quatsch“, sagte der 80-jährige Ex-Staatssekretär und Bundestagsabgeordnete. Solche Hemmnisse gelte es abzubauen. Niedersachsens Bauminister Lies zeigte zumindest Verständnis für dieses Anliegen: „Wir müssen auch bei den Bauvorschriften ein vernünftiges Maß finden. Wenn das Bauen dadurch so teuer wird, dass ein Dachboden nicht mehr ausgebaut werden kann, läuft etwas schief.“

Neuer Präsident Schild: klare Vorgaben der Städte sind gefragt

Allerdings gebe es auch in Deutschland erfolgreiche Beispiele beim Wohnungsbau, betonte der Architekt Christoph Schild, den die BDB-Delegierten am Freitagnachmittag zu Wagners Nachfolger wählten. Hamburg habe etwa nun das zweite Jahr in Folge seine Ziele erreicht und Zehntausende neuer Wohnungen geschaffen. Entscheidend sei dabei, dass die Stadt das ihr zu Gebote stehende Werkzeug des Bebauungsplans nutze um klare Vorgaben zu machen. „Die Stadt muss entscheiden, wie sie aussehen will und anschließend den passenden Investor suchen – nicht umgekehrt“, sagte Schild unter Verweis auf Groschek. Der hatte ebenfalls die öffentliche Verantwortung für die Städteplanung betont. Schließlich, sagte der Sozialdemokrat, seien die Außenwände der privaten Bauprojekte die Innenwände des öffentlichen Raums. „Es kann nicht sein, dass nur die Investorengruppen bestimmen, wie sich unser Wohnungsbau und unsere Städte entwickeln.“

Würden bessere, schönere neue Wohngebäude entstehen, wenn die Kommunen dieser Aufgabe stärker nachkämen? „Auf jeden Fall“, ist sich Schild sicher. Hierfür brauche es aber Städte, die bereit sind, „mit dem Know-how von Städtebauern und nicht nur mit dem von Juristen“ an die Aufgabe heranzugehen. Auch gelte es, die Pläne ernsthaft mit den Bürgern zu diskutieren, um so Akzeptanz zu schaffen.

Scheidender Präsident Wagner: „Immer mehr Styropor bringt’s nicht.“

Schild warnte davor, ökonomische Erwägungen als alleinige Richtschnur beim Wohnungsbau – gerade auch beim sozialen – gelten zu lassen. „Wir müssen uns fragen, ob es uns wichtiger ist, immer und überall die schwarze Null zu garantieren. Oder ist es uns als Gesellschaft etwas wert, dass Leute zufrieden und unter guten Wohnbedingungen leben?“ Um Bauvorhaben entsprechend zu fördern, sei im Zweifelsfall der Staat gefragt.

Die Redner wie auch die BDB-Vertreter appellierten zudem an den Staat, wieder mehr Augenmerk auf die Renovierung des vorhandenen Baubestands zu richten. Der Stand bei der Bestandssanierung – nur etwa ein Prozent der Häuser werde gerade saniert – sei „blamabel“, konstatierte Groschek. „Da wird Zeit vertan“, sagte Schild und forderte „steuerliche Anreize“, um durch Sanierung sozialen Problemen vorzubeugen.

Kritisch diskutiert wurde auch das Thema energetische Sanierung: „Wir haben uns von Lobbyisten der Dämmstoffindustrie in eine Sackgasse führen lassen“, sagte Groschek bitter. Wagner plädierte für ein Moratorium der entsprechenden Förderprogramme. „Immer mehr Styropor auf die Häuser draufzupappen – das bringt’s nicht.“