Braunschweig. Mit dem Ausbau der Windkraft steigt die CO2-Einsparung auf 2,17 Millionen Tonnen pro Jahr.

Um den ambitionierten Kohleausstieg zu schaffen, bedarf es vieler neuer Windräder auch in unserer Region. Funktionieren wird der Windkraft-Ausbau nicht, solange Anwohner dagegen klagen.

Das bemerkt unser Leser Dr. Ulrich Bernd Koch aus Braunschweig.

Zum Thema recherchierte Andre Dolle.

Knappe acht Jahre lang hat der Regionalverband Großraum Braunschweig benötigt, um Windkraft-Standorte zwischen Harz und Heide auszuweisen. Stand jetzt gibt es bereits 34 Flächen. Künftig ist der Bau von Windparks an 49 Standorten erlaubt. Einige Gebiete wurden erweitert, 15 Flächen kommen ganz neu hinzu.

Das sind die wesentlichen Fakten zur Windkraft in unserer Region:

Die Flächengröße

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© Jürgen Runo

Bisher dürfen Investoren in unserer Region Windräder auf einer Fläche von 3100 Hektar bauen. Künftig sind es 6770 Hektar. Die Fläche wird mehr als verdoppelt. Das entspricht etwa 13.000 Fußballplätzen oder 1,3 Prozent der Gesamtfläche unserer Region. Im Umkehrschluss heißt das: Durch die Planung des Regionalverbandes bleiben 98,7 Prozent der Region frei von Windparks. Hätte es diese Planung aus einem Guss nicht gegeben, hätte Windrad-Wildwuchs gedroht.

Die Windräder

Bisher sind 390 Windräder in unserer Region verteilt. Künftig werden es mindestens 600 sein. Investoren wie Enercon, der Branchenriese aus Aurich, werden kleinere Anlagen durch größere ersetzen. Diese Anlagen sind bis zu 200 Meter hoch. Sämtliche Windräder in der Region sollen eine Nennleistung von 2,8 Gigawatt bringen. Das entspricht der Nennleistung von zwei mittleren Atomkraftwerken. Bisher beträgt die Leistung 1,2 Gigawatt.

Der Energieausstoß der Windparks hängt von mehreren Faktoren ab und schwankt zum Teil stark. Wichtigster Faktor ist die Stärke des Windes. Deshalb wird unterschieden zwischen der Nennleistung, also der höchsten Leistung, die eine Anlage erbringen kann, und der tatsächlichen Leistung im Betrieb.

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© Jürgen Runo

Weht der Wind stark und sind alle Anlagen im Betrieb, können die Windräder künftig bis zu 60 Prozent des heutigen Strombedarfs in der Region decken. Das ist, wie gesagt, rein theoretisch der Fall. Die Summe zeigt aber, welchen Stellenwert die Windkraft künftig einnehmen soll. Nicht enthalten ist in dieser Bilanz die Großindustrie – also VW und die Salzgitter AG. Die hat der Regionalverband in seiner Bilanz herausgerechnet. Die Windräder helfen künftig dabei, 2,17 Millionen Tonnen CO2 einzusparen. Bisher sind es 0,93 Millionen.

Der Widerstand

Dreimal musste der Regionalverband die Bürger beteiligen. Es gab 4100 Stellungnahmen mit insgesamt 22.000 Einwänden. Der Verband hat diese abgewogen und sämtliche Einwände auf seinen Internetseiten veröffentlicht. Er folgte 200 Einwänden, 15.000 Einwänden folgte er nur teilweise oder gar nicht.

Die meisten Einwände drehten sich um wiederkehrende Themen: Um einen Eingriff in das Landschaftsbild etwa, um drohende niedrigere Immobilienpreise, wenn Häuser in der Nähe von Windparks stehen. Um Beeinträchtigungen durch Schall oder Lichtblitze. Oder darum, dass der Abstand zu Siedlungen mit 1000 Metern zu gering bemessen sei. In der Region Hannover beträgt der Abstand 800 Meter. In Bayern sind es aber auch mal 2000 Meter zwischen Windrad und Siedlung. Unser Leser hat ganz Recht: Die Energiewende und somit den Ausbau erneuerbarer Energien unterstützen viele Bürger. Wenn es darum geht, wo die Windräder stehen sollen, ist der Widerstand groß. Das hat das Verfahren in der Region eindrucksvoll gezeigt.

Der Auftrag

Der Ausbau der Windenergie wurde nicht in unserer Region beschlossen. Der Regionalverband verfolgt aber ehrgeizige Ziele, wenn es um die Energiewende geht. Die Bundesregierung hatte 2010 ein Konzept entwickelt. Sie gab das Ziel vor, den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2020 um 40 Prozent und bis 2050 um mindestens 80 Prozent zu drosseln.

Basis ist das Jahr 1990. Damit die Republik das Ziel erreicht, soll der Anteil der Stromerzeugung durch erneuerbare Energien von rund 17 Prozent im Jahr 1990 auf mindestens 35 Prozent bis 2020 erhöht werden. Der Regionalverband erfüllt als Planungsbehörde also einen gesetzlichen Auftrag.

Der Zeitplan

Die genannten Klimaziele kann der Regionalverband nicht mehr einhalten. Bis 2020 ist die Zeit zu kurz. Das Windkraft-Verfahren dauerte zu lange. Der Verband gab stets die Maßgabe vor: Sorgfalt vor Eile. Der Gesamtplan für den Ausbau der Windenergie zwischen Harz und Heide umfasst 7000 Seiten und kann nur als Ganzes beschlossen werden.

Den sogenannten Satzungsbeschluss soll die Verbandsversammlung Mitte März absegnen. Das wird aller Voraussicht nach der Fall sein. In der Versammlung sitzen Vertreter aus den Städten und Landkreisen der Region: Bundes- und Landtagsabgeordnete, Bürgermeister, Stadt- und Kreisräte. Steht der Beschluss, hat das Amt für regionale Landesentwicklung als obere Landesbehörde drei Monate Zeit, den Gesamtplan zu prüfen. Erst danach hat er Rechtskraft.

Im Anschluss obliegt es den Städten und Kreisen in der Region, Bauanträge von Investoren zu genehmigen. Vier Anträge liegen schon beim Landkreis Gifhorn vor, obwohl das Verfahren noch gar nicht abgeschlossen ist. Das zeigt: Den Investoren kann es nach Jahren der Planung gar nicht schnell genug gehen. Bis die 600 Windräder stehen, werden allerdings noch Jahre vergehen.