Braunschweig. Der 21. oder 22. Dezember ist der kürzeste Tag des Jahres, danach wird es abends später dunkel – und das tut unserem Gemüt gut.

Warum wird allgemein am 21. Dezember vom kürzesten Tag gesprochen, wenn es in der Realität mehrere gleich kurze Tage in Folge sind?

Das fragt unser Leser

Dirk Rühmann aus Braunschweig

Die Antwort recherchierte
Stefan Simon

Am kürzesten Tag des Jahres freuen sich wohl viele Menschen darauf, dass es bald wieder heller ist. Der kürzeste Tag im Jahr ist der 21. oder 22. Dezember, der gleichzeitig auch der Winteranfang ist. Denn zur Wintersonnenwende auf der Nordhalbkugel der Erde, der je nachdem an einem der beiden Tage ist, erreicht die Erde die geringste Mittagshöhe über dem Horizont. Aber war der 21. Dezember 2018 wirklich der kürzeste Tag des Jahres?

Unser Leser findet das nicht, was seiner Meinung nach an der Tabelle der Sonnenaufgangs- und Sonnenuntergangszeiten für den Bereich Braunschweig abzulesen sei.

Er behauptet, dass vom 18. bis 23. Dezember alle Tage gleich kurz seien. „Dann wird es abends wieder täglich eine Minute später dunkel, dafür aber bis weit in den Januar hinein täglich morgens noch später hell.“ Das stimmt nicht ganz.

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Ja, es sei richtig, dass es abends wieder spürbar später dunkel werde, sagt Julia Lanz-Kröchert, wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Planetarium in Wolfsburg. Aber: „Nach dem Wintersonnenwendtag werden die Tage abends schnell länger, morgens ändert sich aber zunächst kaum etwas.“ Nach der mitteleuropäischen Zeit verspäteten sich die Sonnenaufgangszeiten bis Anfang Januar leicht, bevor die Tage auch morgens wieder spürbar länger würden. Das hängt laut Lanz-Kröchert mit der Neigung der Erdachse und mit den unterschiedlichen Bahngeschwindigkeiten der Erde auf ihrer elliptischen Bahn um die Sonne zusammen. „Sie bewegt sich in Sonnennähe etwas schneller als in Sonnenferne. Die Rotationsgeschwindigkeit der Erde um ihre eigene Achse bleibt gleich.“ Dadurch läuft unsere „wahre Sonne“, wie Astronomen sagen, leicht ungleichmäßig über den Himmel. „Für unsere Zeitrechnung nutzen wir eine fiktive, gleichmäßig laufende mittlere Sonne. Das führt dazu, dass die wahre Sonne der mittleren mal hinterherläuft und ihr mal vorauseilt. Die Differenz kann bis zu einer Viertelstunde betragen“, sagt Lanz-Kröchert. Astronomen nennen das auch „Zeitgleichung.“ Im Winter hinkt also die wahre Sonne der mittleren hinterher, „was sich an den Sonnenaufgangszeiten sehen lässt“, so Lanz-Kröchert. Erst ab Mitte Februar gleiche sich die Zeit wieder an, die Abend und Morgen jeweils verlängere. „Länger werden die Tage der Wintersonnenwende aber trotzdem, auch wenn es sich morgens noch nicht so schnell bemerkbar macht“, sagt Lanz-Kröchert.

Etwas anderes macht sich dann auch bemerkbar: unser Gemütszustand. Denn Licht beeinflusst unser Wohlbefinden. „Wir haben eine ganz intime Beziehung zum Licht. Es hebt unsere Stimmung, fördert unsere Aktivität und hilft uns, gesund zu bleiben“, sagt Peter Walschburger, Biopsychologe von der Freien Universität Berlin unserer Zeitung. Der Mensch habe sich an die Tag-Nacht-Schwankungen angepasst. Wo kein Licht sei, fehle die Orientierung und die Aktivität. Umgekehrt sei in den Tagphasen verstärkte Aktivität angesagt. Da die Tage im Winter kürzer sind, bekommen wir in Deutschland nur wenig Tageslicht ab. Der Körper benötige für eine gute Stimmung möglichst viel Tageslicht, auch wenn es Grenzen gebe. „Wenn Menschen mit heller Haut zu lange in der Sonne liegen, kann zum Beispiel das Krebsrisiko steigen.“ Viele, vor allem junge Menschen hätten kaum Probleme mit wenig Licht, andere Menschen dagegen würden sensibel reagieren und in eine gedämpfte, niedergeschlagene Stimmung geraten. Diese wird auch „Winter-Blues“ genannt. „Solche Menschen sollten an die frische Luft gehen, nachts bei Dunkelheit schlafen und sich morgens vom Tageslicht wecken lassen.“