Braunschweig. Die Firmen können ihre Strafgelder absetzen. Bürger haben solch eine Möglichkeit nicht.

Ich als Privatperson genieße nicht das Privileg, Bußgelder gleich welcher Höhe als außergewöhnliche Aufwandsentschädigung steuerlich abzusetzen.

Das bemerkt unser Leser Karl Kurz aus Salzgitter.

Zum Thema recherchierte Andre Dolle.

VW musste wegen des Abgas-Skandals im Sommer eine Milliarde Euro an das Land Niedersachsen zahlen. Nun zahlt Audi 800 Millionen Euro an den Freistaat Bayern. Doch die Unternehmen werden einen beträchtlichen Teil der Summe von der Steuer absetzen können.

Die Buße, die VW zahlen musste, setzt sich aus dem gesetzlichen Höchstbetrag von fünf Millionen Euro sowie einer Gewinn-Abschöpfung in Höhe von 995 Millionen zusammen. Doch wird VW kaum Steuern für einen Gewinn bezahlen, den der Konzern gar nicht hat. VW darf das Geld also zurückfordern, wie unsere Zeitung Ende Juli vom niedersächsischen Finanzministerium erfuhr.

Es geht um 290 Millionen Euro. Alleine die Körperschaftssteuer beläuft sich auf 150 Millionen Euro. Die Mindereinnahmen verteilen sich zu je 50 Prozent auf den Bund und die Länder. Den Steuerausfall bei der Gewerbesteuer schätzt das Finanzministerium auf 140 Millionen Euro. Diesen Steuerausfall tragen die VW-Standorte, also vor allem Wolfsburg als Konzernsitz, aber auch zum Beispiel Braunschweig und Salzgitter.

Und nun also Audi. Wieder setzt sich die Summe aus dem gesetzlichen Höchstbetrag von fünf Millionen Euro sowie einer Gewinn-Abschöpfung zusammen. Bei Audi beträgt diese Summe 795 Millionen Euro.

Aller Voraussicht nach darf auch Audi sich einen beträchtlichen Teil der Summe vom Bund, den Ländern und von den Audi-Standorten über die Körperschaftssteuer und die Gewerbesteuer zurückholen. Eine mehrfache Anfrage unserer Zeitung ließ das Finanzministerium in München am Freitag unbeantwortet. Ein Audi-Sprecher sagte lediglich: „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir uns zu steuerlichen Fragen nicht öffentlich äußern wollen.“

Unser Leser hat ganz Recht. Bekommt er ein Knöllchen, weil er in der Innenstadt von Braunschweig falsch geparkt hat, kann er das natürlich nicht von der Steuer absetzen. Hendrik Poppinga, Vizepräsident der Steuerberaterkammer Niedersachsen, sagte: „Ein Bürger hat keine Betriebsausgaben, deswegen kann er ein Bußgeld steuerlich nicht geltend machen.“ In diesem Punkt hätten auch kleine oder mittlere Unternehmen de facto einen Nachteil gegenüber Konzernen. „Ein mittelständisches Unternehmen wird niemals ein Bußgeld in Höhe von fünf Millionen Euro und eine zusätzliche Gewinnabschöpfung zahlen müssen, da die Strafe an die Größe des Unternehmens angepasst wird. Somit kann die Firma auch eine Strafe nicht steuerlich geltend machen.“

Bernhard Zentgraf, der Landeschef des Steuerzahlerbunds in Niedersachsen, erklärte: „Ich kann den Unmut des Lesers verstehen. Unser Steuersystem ist manchmal mit dem gesunden Menschenverstand nicht zu erklären.“ Er kritisierte, dass die Strafen, die VW und Audi zahlen, nicht an die Kunden ausgezahlt würden. „Wir sollten wie in den USA den Verbraucher und dessen Anspruch mehr in den Vordergrund rücken. Da sind wir weit zurück.“