Hannover. Existenzbedrohte Betriebe in Niedersachsen erhalten nach der Dürre Unterstützung.

Wo bleibt das Berufsrisiko? Jeder, der einen Betrieb hat, muss sich auf eigene Kosten absichern!

Das sagt unser Leser, der sich „Ein Niedersachse“ nennt.

Die Antwort recherchierte
Hannah Schmitz

In der konventionellen Landwirtschaft stehen die Zeichen auf vorsichtigen Wandel. Das deutete sich bei der Vorstellung der Erntebilanz der niedersächsischen Landwirtschaftskammer am Montag an. „Es gibt Veränderungsbedarf. Die Landwirtschaft wird bunter und vielfältiger werden“, sagte Gerhard Schwetje, Präsident der Kammer. Wegen der häufiger werdenden Wetterextreme würde die Bedeutung der Fruchtfolge steigen. Statt nur ein oder zwei Pflanzenarten anzubauen, sollten Landwirte auf mehr Früchte setzen, beispielsweise Körnermais oder eiweißhaltige Futterpflanzen wie Ackerbohnen anbauen. So würde das Risiko des Ernteausfalls gestreut.

In diesem Jahr bedrohte die Dürre einige Landwirte in ihrer Existenz. Rund 2000 Betriebe in Niedersachsen sollen Hilfen bekommen, die Kammer rechnet allerdings mit 3000 bis 4000 Antragstellern. Bund und Länder einigten sich im September auf 340 Millionen Euro Unterstützung. In Niedersachsen erhalten Landwirte nach Angaben der Kammer 17,8 Millionen Euro aus Bundesmitteln, dazu in diesem Jahr 5 Millionen Euro aus Landesmitteln und im kommenden Jahr nochmals knapp 13 Millionen Euro. Kammerpräsident Schwetje kritisierte allerdings die von der Politik gestellten Förderkriterien. „Die wirklich betroffenen Betriebe werden die Hilfen möglicherweise nicht erreichen“, sagte er.

Landwirte müssen unter anderem nachweisen, dass sie wegen der Dürre Ernteeinbußen von mindestens 30 Prozent erlitten haben. Laut Schwetje ist das allerdings schwierig nachzuweisen: Wenn ein Milchviehbauer etwa einige Kühe wegen Futtermangel verkaufe, stehe er in diesem Jahr vielleicht noch ganz gut dar, habe aber kommendes Jahr Probleme, da der Milchertrag sinke.

Eine Absicherung gegen Dürreschäden, wie sie der Leser erwähnt, wäre eine Versicherung. Nach Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft umfasst etwa die Vereinigte Hagelversicherungen solche Dürreschäden. Allerdings werden Dürre-Versicherungen in Deutschland mit 19 Prozent ungewöhnlich hoch besteuert. Das ist ein Grund dafür, dass sie bisher wenig verbreitet sind. Sowohl die Versicherer als auch der Bauernverband sprachen sich in diesem Sommer dafür aus, die Rahmenbedingungen der Versicherung zu ändern.

Wie extrem der Sommer war, lässt sich an der Anzahl von Tagen ablesen, an denen es wärmer als 25 Grad Celsius war. In der Region Braunschweig liegt der Mittelwert bei 18 Tagen zwischen April und Juli, dieses Jahr waren es mit 45 Tagen mehr als doppelt so viele. Der Vergleich mit Diepholz zeigt, dass das Wetter regional dennoch unterschiedlich ausfiel, dementsprechend die Ernteeinbußen auch regional unterschiedlich hoch waren. Regnete es in unserer Region etwa 118 Liter pro Quadratmeter zwischen April und Juli, waren es in Diepholz 26 Liter weniger.

Von der extremen Hitze und Trockenheit waren nach Angaben der Kammer vor allem die Betriebe betroffen, die ihre Ackerflächen nicht beregnen konnten. Betriebe mit Beregnungsanlagen liegen im Norden und Nordosten Niedersachsens, auch nördlich von Braunschweig, wo die Böden sandig sind. Die künstliche Bewässerung sichere gerade in extremen Wetterjahren das Einkommen der Betriebe, hieß es. Auch der Öko-Landbau habe mit Bewässerung deutlich bessere Ernten erzielt. Gleichzeitig koste die Anschaffung der Anlagen und deren Betrieb. In diesem Jahr hätten Bauern etwa für die Beregnung von Kartoffeln pro Hektar Ackerfläche 300 bis 500 Euro zahlen müssen.

Doch trotz intensiver Beregnung fiel die Kartoffelernte im Vergleich zum Vorjahr um ein Viertel geringer aus. Die Preise für Speisekartoffeln haben sich fast verdoppelt. Allerdings war das Preisniveau für die Knollen schon 2017 sehr niedrig, so die Kammer. Der Großteil der niedersächsischen Kartoffeln wird zu Stärke, Chips und Pommes Frites verarbeitet. Die Mengen und Preise dafür werden vertraglich vor der Ernte vereinbart und liegen in der Regel deutlich unter den Erzeugerpreisen. „Die besseren Preise kommen nur zu einem kleinen Teil auf den Höfen an“, sagte Schwetje.

Die Getreideernte fiel mit 4,7 Millionen Tonnen 22 Prozent niedriger aus als im Vorjahr. Zwar legten dafür auch die Preise für Getreide zu – bei Roggen etwa um 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahr –, sie konnten den herben Ertragsrückgang aber nicht kompensieren. In unserer Region ist der Winterweizen die Hauptanbaufrucht. Hier ging der Ertrag im Durchschnitt um rund 14 Prozent zurück. Wiesen und Weiden brachten in diesem Sommer 30 bis 50 Prozent weniger Ertrag. Das ist ein Problem für die Milchbauern, die Heu als Futter für die Kühe verwenden. Einige mussten ihre Vorräte für den Winter bereits im Sommer nutzen.

Die Dürre machte jedoch nicht nur der Landwirtschaft zu schaffen, sondern auch dem Wald. Die niedersächsische Agrarministerin Barbara Otte-Kinast (CDU), stellte der Forstbranche deswegen Fördermittel in Aussicht. „Um unsere Wälder zu erhalten, müssen wir sie durch eine neue, standortgerechte, klimaangepasste und strukturreiche Waldgeneration fit machen“, betonte die CDU-Politikerin.