Braunschweig. Immer höhere WG-Preise und lange Wohnheim-Wartelisten sorgen in den Uni-Städten der Region für eine angespannte Situation.

Das kann man ganz einfach lösen: Mehr Wohnungen bauen, zumal der Zustand ja schon seit Ewigkeiten so ist.

Das bemerkt unser Leser, der sich El Barto nennt, auf unseren Facebookseiten.

Zum Thema recherchierte Andre Dolle

André Völker hat jahrelang in einer Vierer-WG gewohnt. Das war eine WG in der Hamburger Straße in Braunschweig. Er zahlte 330 Euro warm für ein 15 Quadratmeter großes Zimmer. Schon ein recht stattlicher Preis. Vor einem Jahr löste sich die WG auf, Völker zog aus. „Pünktlich zu meinem Auszug hätte eine Mietpreiserhöhung angestanden“, sagt Völker.

Nun gönnt sich der 33-jährige Student, der sich im Asta-Vorstand der TU Braunschweig engagiert, eine kleine eigene Wohnung. Anderthalb Zimmer, etwa 38 Quadratmeter groß, am Rande des westlichen Ringgebiets gelegen. Er zahlt 430 Euro warm. Ganz okay. „Ich hatte etwas Glück. Ich kenne Freunde, die zahlen 400 Euro und mehr für ein WG-Zimmer“, sagt Völker.

Wohnungssuche zum Semesterstart-01.jpg

Die meisten Studenten zahlen in Braunschweig jedoch weniger – im Schnitt sind es 325 Euro für ein WG-Zimmer. Bundesweit liegt der Schnitt sogar bei 363 Euro. Städte wie München, Hamburg und Stuttgart heben den Schnitt. In München kostet ein WG-Zimmer fast schon unvorstellbare 600 Euro. In den vom Moses-Mendelssohn-Institut in Berlin untersuchten 96 deutschen Uni-Städten zahlen Studenten im Durchschnitt bereits gute 40 Euro mehr als noch vor fünf Jahren – Tendenz steigend.

Da sind die WG-Preise in Braunschweig, Göttingen (329 Euro), Wolfenbüttel (287), Hildesheim (275) und auch in Hannover (330) noch vergleichsweise moderat. Doch selbst im eher günstigen Wolfenbüttel und auch in Hildesheim liegen die WG-Preise inzwischen deutlich über der Bafög-Wohnpauschale von 250 Euro. Diese wurde 2016 zum letzten Mal erhöht. Davor 2010. Damals betrug sie noch 224 Euro. Die Zeitspannen, bis das Bafög wieder erhöht wird, sind also relativ lang. Und in der Zwischenzeit steigen die Mietpreise.

Auch bei der Wohnungssuche haben es Studenten in Braunschweig, Göttingen und mit Abstrichen auch in Wolfenbüttel und Hildesheim schwer. Das Moses-Mendelssohn-Institut hat in seiner Studie einen sogenannten Anspannungs-Index ermittelt, bei dem 100 Punkte möglich sind. Bei den 96 untersuchten Städten liegt Braunschweig auf Rang 43, Göttingen auf 69, Hildesheim auf Platz 82 und Wolfenbüttel auf Platz 86. „Die Wohnsituation für Studierende in Deutschland hat sich noch einmal verschlechtert“, teilte Instituts-Leiter Stefan Brauckmann mit. Für die Studie wurden insgesamt 23 Faktoren untersucht – darunter die Immobilienpreise, insbesondere für WG-Zimmer, die Entwicklung der Studenten- und Erstsemester-Zahlen und zum Beispiel auch die Quote geförderter Wohnheime.

Völker muss nebenher jobben. Für sein Ehrenamt beim Asta erhält er eine Aufwandsentschädigung, er arbeitet auch als studentische Hilfskraft an der Uni. Vor seinem Studium hat er eine Ausbildung absolviert. „Ich komme über die Runden. Wenn aber zum Beispiel mein Laptop kaputt ginge, hätte ich ein Problem.“ Völker selbst bezieht kein Bafög. Er fordert: „Die Bafög-Sätze müssen angepasst werden.“ Ansonsten würden die Wohnkosten das Studium zur Besserverdiener-Frage machen. Völker sagt: „Der Geldbeutel der Eltern darf nicht entscheiden.“

Wie unser Leser bemerkt auch Völker, dass nur der Wohnungsbau den Wohnungsmarkt auch für Studenten entlaste. Die Stadt Braunschweig will bis 2020 etwa 5000 neue Wohnungen bauen. Das dürfte auch für Studenten den Mietmarkt entspannen.

Laut dem Anspannungs-Index des Moses-Mendelssohn-Instituts (siehe Rangliste) wird es in Braunschweig zumindest bis dahin kritisch werden. Die Stadt liegt mit 39,5 Scoring-Punkten in einem Bereich, über den es heißt: „Hier muss die Situation auf dem Wohnungsmarkt für Studierende aufgrund einiger riskanter Faktoren genau im Auge behalten werden. Kurzfristig mögliche Entwicklungen können dafür sorgen, dass der Anspannungsfaktor schnell in den kritischen Bereich steigt.“

Göttingen liegt eine Stufe darunter. Zwar sei es nicht einfach, passende Unterkünfte zu finden, die Lage sei aber „nicht akut problematisch“. In Hildesheim und Wolfenbüttel ist die Situation noch ein Stück weit entspannter. Dabei hat sich in Wolfenbüttel die Zahl der Ostfalia-Studenten seit dem Wintersemester 2010/20111 von 3900 Studenten auf nun knappe 6000 Studenten erhöht. An der TU Braunschweig stieg die Zahl von etwa 16 300 Studenten im Wintersemester 2012/2013 auf gute 20 000 im Wintersemester 2017/2018.

Die Wohnheim-Wartelisten sind beim Studentenwerk Ostniedersachsen in Braunschweig und Göttingen lang. Geschäftsführer Sönke Nimz sagt: „Wer sich jetzt noch für das Wintersemester um einen Platz in den Wohnheimen bewirbt, hat keine Chance mehr.“ Alleine in Braunschweig stehen 600 Studenten auf der Warteliste.