Braunschweig. Wegen der anhaltenden Trockenheit könnten Bauern Hilfsgelder bekommen. Versicherungen gegen Dürre fördert der Staat nicht.

Warum gibt es in der Landwirtschaft keine Versicherung (oder sogar Zwangsversicherung) gegen Umweltschäden aller Art?

Das fragt unser Leser Wolfgang Mücke aus Vechelde

Zum Thema recherchierte
Jens Gräber

Deutschland schwitzt. Seit Wochen ist es fast durchgehend sehr heiß, schon seit Monaten fällt viel zu wenig Regen. Was für viele Menschen bloß anstrengend und lästig ist, wird für manchen Landwirt inzwischen zur existenziellen Bedrohung. Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) lässt mitteilen: „Ich bin sehr besorgt über die Auswirkungen der Dürre, unter der viele Bauern, vor allem im Norden und im Osten Deutschlands, leiden müssen.“

Inwieweit ihnen nun vom Staat geholfen wird, bleibt aber vorerst unklar. Der deutsche Bauernverband hat seine Ernteschätzung vor wenigen Tagen erneut nach unten korrigiert und fordert den Bund auf, betroffene Landwirte schnell für die Ernteausfälle zu entschädigen – von einer Milliarde Euro ist die Rede. Die Bundesregierung dagegen will die offizielle Ernteschätzung Ende August abwarten und erst dann entscheiden, ob sie sich an solchen Hilfen beteiligt.

Die Frage, die unser Leser stellt, ist angesichts der Lage sehr berechtigt: Warum sind Landwirte eigentlich nicht gegen Dürreschäden versichert? Tatsächlich ist eine solche Versicherung nach Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in anderen Ländern durchaus gängig. In Deutschland dagegen sind, je nach Schätzung, nur 500 bis 5000 Hektar Ackerfläche entsprechend versichert. Zum Vergleich: Gegen Hagelschäden sind laut GDV rund fünf Millionen Hektar Ackerflächen versichert. Insgesamt wird in Deutschland laut Statistischem Jahrbuch 2017 eine Fläche von
16,7 Millionen Hektar landwirtschaftlich genutzt – der größte Teil davon als Ackerland.

Der Grund dafür, dass die Dürre-Versicherung in Deutschland nicht stärker verbreitet ist, ist einfach: Sie ist sehr teuer. Das bestätigen auf Anfrage sowohl das Bundesministerium für Landwirtschaft als auch der Bauernverband und der GDV. Dessen Sprecher Christian Ponzel erklärt, etwa die Vereinigte Hagelversicherung biete durchaus Schutz gegen Dürreschäden an. Die Versicherer fordern, die Rahmenbedingungen für diese Versicherungen zu ändern. Zum einen würden sie in Deutschland ungewöhnlich hoch besteuert (19 Prozent statt 0,03 Promille etwa bei Hagel- oder Sturmversicherungen), zum anderen fehle ein direkter Zuschuss zu den Beiträgen.

Die Versicherer haben dabei einerseits das eigene Geschäft im Auge, verweisen aber auch auf Vorteile für die Allgemeinheit. In einem Positionspapier des Verbands heißt es: „Entsprechende Regelungen entlasten den Staat von Ad-Hoc-Hilfszahlungen.“ Im Klartext: An Stelle einer riesigen Summe, die ein Mal zu einem unkalkulierbaren Zeitpunkt fällig wird, träten regelmäßige Zuschusszahlungen, deren Höhe feststeht.

Auch der Bauernverband ist dafür. Sprecher Peter Pascher erklärt: „In Deutschland würde die Attraktivität von derartigen Versicherungen bereits deutlich gewinnen, wenn neben den Mehrgefahren Starkfrost, Hagel, Sturm und Starkregen auch die Dürre der ermäßigten Versicherungssteuer unterliegen würde.“ Und Franz-Josef Holzenkamp, Präsident des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV), schreibt bei Twitter: „Wir müssen die Landwirte als Unternehmer stärken; 19% Mehrwertsteuer auf Versicherungen gegen Ernteausfälle sind zu viel.“ Der DRV vertritt die Interessen der genossenschaftlich orientierten Unternehmen der deutschen Agrarwirtschaft.

Beim Bundeslandwirtschaftsministerium dagegen will vorerst niemand etwas von solchen veränderten Rahmenbedingungen wissen. In einer Stellungnahme heißt es, Überlegungen, den Steuersatz zu senken, seien mangels geeigneter Versicherungen auf dem Markt ohnehin nicht relevant. Es gebe zwar zudem die Möglichkeit, aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums auch solche Versicherungen zu fördern.

Aber: „Deutschland macht von diesen Möglichkeiten in der laufenden Förderperiode keinen Gebrauch, da eine entsprechende Förderung zulasten anderer Maßnahmen finanziert werden müsste.“ Im Klartext: Zuschüsse zu den Versicherungsbeiträgen würden zu Lasten anderer Subventionen für die Landwirte gehen.

Ändern könnte sich hier frühestens ab 2020 etwas. Für die Zeit danach sei das Ministerium derzeit in Gesprächen mit den Bundesländern über das „Krisen- und Risikomanagement in der Landwirtschaft“, teilt eine Sprecherin mit. Ein Bericht soll im Herbst dieses Jahres fertig sein.

Das Ministerium sieht sich aber offenbar auch nicht als ersten Ansprechpartner für entsprechende Forderungen. Für Hilfsmaßnahmen infolge Naturrisiken seien grundsätzlich die Länder zuständig, teilt die Sprecherin mit. Und weiter: „Das BMEL würde es begrüßen, wenn die Länder eine länderfinanzierte Förderung von entsprechenden Versicherungen anbieten würden.“