Braunschweig. Angler sorgen sich wegen der anhaltenden Hitze um die Fische. Stehende Gewässer sind stärker gefährdet als Flüsse.

Je flacher ein Gewässer, umso härter trifft die anhaltende Sommerhitze die darin lebenden Fische. Und der Stadtgraben in Wolfenbüttel ist ziemlich flach: Nur rund 1,80 Meter ist der Teich am Rande der Altstadt tief, sagt Udo Berger, der Vorsitzende des Angelsportvereins Wolfenbüttel, unserer Zeitung. „Vier tote Karpfen hatten wir hier letzte Woche und heute nochmal fünf tote Aale.“

Um ein „Umkippen“ des bereits von Blaualgen getrübten Teiches zu verhindern, benachrichtigte Berger die Stadtverwaltung. Die reagierte prompt und alarmierte das Technische Hilfswerk. Mit sechs Pumpen, mit Schläuchen und C-Rohren sorgten die freiwilligen Helfer am Mittwoch für Frischwasserzufuhr, berichtet Berger. Auch die Fontäne, die zuletzt wegen ihres Geräuschpegels nur zeitweise eingeschaltet gewesen sei, laufe jetzt rund um die Uhr. Die Bewegung des Wassers sorgt dafür, dass sich Luftsauerstoff darin löst – überlebenswichtig für die Fische im Stadtgraben.

Insgesamt steht es in unserer Region allerdings noch nicht so schlimm um die Fische wie im Wolfenbütteler Stadtgraben. Noch mag Hans Jäger, Vorsitzender des Klubs Braunschweiger Fischer, nicht von einer ernsten Bedrohung der Fischbestände sprechen: „Die Fische kriegen die Hitze schon zu spüren. Aber in allernächster Zukunft müssen wir nicht mit einem Fischsterben rechnen.“ Anders als sein Wolfenbütteler Kollege Berger hat Jäger in den von ihm betreuten Gewässern noch keine toten Fische gesehen – ebensowenig wie die sogenannte Notatmung. Nähere sich der Sauerstoffgehalt im Wasser der kritischen Marke von 0,3 Milligramm pro Liter, beginnen die Fische, an der Wasseroberfläche nach Luft zu schnappen. Am Donnerstag lag der Sauerstoffgehalt des Okerwassers bei Groß Schwülper bei 5,8 Milligramm je Liter. Die Wassertemperatur betrug laut dem Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) 22,8 Grad.

Dennoch beobachtet auch Jäger die Temperaturen und die sinkenden Wasserstände der Flüsse und Seen mit Sorge. Er prognostiziert: Dramatisch für die Fische werde es, wenn die trockene Hitze weitere zwei bis drei Wochen anhalte.

Dass das Wetter der Oker bisher noch relativ wenig ausmacht, bestätigt auch Frank Suhling, Zoologe an der Technischen Universität Braunschweig. „Von einem Massensterben der Fische sind wir weit entfernt“, betont der Fachmann für die Ökologie von Gewässern, „aber zuerst werden die Probleme immer dort auftreten, wo das Wasser steht“.

Neben der Temperatur bringt Suhling einen weiteren Faktor ins Spiel, der über den Sauerstoffgehalt im Wasser entscheidet: „Wenn zusätzliche organische Stoffe, etwa durch Abwässer, in ein Gewässer eingeleitet werden, wird das zum Problem.“ Der Abbau dieser Stoffe verbrauche den Sauerstoff. Für die Fische werde es dann eng. Diese Art der Verschmutzung der deutschen Gewässer habe aber deutlich abgenommen.

„Wie es früher war, kann man übrigens bei Wilhelm Raabe nachlesen“, sagt Suhling. Dessen Roman „Pfisters Mühle“ beschreibt, wie das Wasser eines Flusses durch Abwässer einer Zuckerfabrik praktisch sauerstofffrei wird und die darin lebenden Fische sterben – und stinken: zum Ärger des benachbarten Schankwirts. Das war 1884. „Seitdem wir praktisch flächendeckend Kläranlagen haben, gibt es sowas zum Glück nicht mehr.“

Die Auswirkungen der Wärme auf Gewässer könnte auch die Wiederherstellung von schattigen Auwäldern mildern, teilt der NLWKN unserer Zeitung mit. Geplant sei eine entsprechende Renaturierung an der Scheppau im Kreis Helmstedt sowie an einem rund 1,5 Kilometer langen Abschnitt der Aller bei Müden im Kreis Gifhorn.