Braunschweig. Die üppige Blüte vieler Bäume könnte ein „Mastjahr“ mit vielen Eicheln und Bucheckern bringen. Sicher ist das aber noch nicht.

Ein Leser, der sich „NeVan Tokgöz“ nennt, meint auf unseren Facebook-Seiten:

Na toll, ich war gestern erst in der Waschanlage.

Zum Thema recherchierte Johannes Kaufmann

Alles voll saut der Mai. Wird der Wonnemonat sonst üblicherweise mit hellem, satten Grün assoziiert, dominiert derzeit ein pulveriges Gelb, das sich auf Autos, Gartenmöbeln und Fenstern absetzt und offenbar die Nerven so mancher unserer Leser strapaziert. Die Waschanlage hilft da nur vorübergehend, denn bald darauf ist der Staub wieder da.

Verursacher dieses Staubs sind Bäume – insbesondere Fichten und seit kurzem auch Kiefern. „Die streuen derzeit mächtig Pollen aus“, sagt Ben Buhle von der Forstsaatgutberatungsstelle der Niedersächsischen Landesforsten in Oerrel. Denn daraus besteht der gelbe Staub: aus Blütenpollen. „In Braunschweig sind es wohl vor allem Eichenpollen“, vermutet der Forstwirtschaftsmeister.

Pollen fliegen allerdings in jedem Frühling. Was also macht dieses Jahr so besonders, dass der Blütenstaub so auffällt? Einen Beitrag dazu leistet die aktuelle Trockenheit. „Durch den wenigen Regen wird der Pollen nicht aus der Luft gewaschen“, sagt die Pflanzenbiologin der TU Braunschweig, Dr. Christiane Evers, im Gespräch mit dem Radiosender „Radio38“, der wie unsere Zeitung zum BZV Medienhaus gehört. Hinzu käme beständiger Wind, der den Pollen verteile, ergänzt Buhle.

Darüber hinaus sei das Ausmaß des Pollenflugs ein Hinweis, das ein sogenanntes Mastjahr bevorstehen könnte. Das seien Jahre, in denen die Bäume besonders viele Blüten und Samen produzieren, erklärt Evers.

Solche Mastjahre treten etwa alle drei bis fünf Jahre auf. „Im Saatgut der Bäume steckt unheimlich viel Energie. Die muss zusammen mit den notwendigen Nährstoffen nach einer Mast erst einmal wieder gesammelt werden“, sagt Buhle. Das erklärt die Zyklen.

Die werden darüber hinaus auch von der Witterung beeinflusst. „Ein trockener Sommer induziert die Blühanlagen für das kommende Jahr“, so Buhle. Die große Trockenheit im Sommer 2017 vor allem im Süden Niedersachsens habe für die Bäume Stress bedeutet. „Wenn Bäume in Not geraten, produzieren sie Nachkommen. Nach dem Motto: Leg besser schnell noch ein Ei.“

Dennoch könne man noch nicht sagen, ob es tatsächlich zu einem Mastjahr komme. Denn mit männlichen Pollen sei die Natur sehr verschwenderisch, erklärt der Forstwirtschaftsmeister. Früchte tragen die Bäume aber erst, wenn männliche Pollen und weibliche Blüten zusammenkommen. „Bei Eicheln kann man eigentlich erst im Oktober sagen, wie die Mast ausfällt“, sagt Buhle. Das hänge von vielen „Unsicherheitsfaktoren“ ab – vom Insektenfraß, der Population der Eichelbohrer und vor allem vom Wetter: Später Frost kann einen sich abzeichnendes Mastjahr noch abwürgen.

Der ist trotz der aktuellen Hitze nicht gänzlich abwegig. Immerhin beginnen am Freitag die Eisheiligen. Dazu passend sollen die Temperaturen nach einem weiteren Anstieg am heutigen Tag mit bis zu 30 Grad Celsius im Emsland ab Donnerstag sinken. Der Deutsche Wetterdienst rechnet sogar schon heute Abend mit Gewittern in unserer Region, im Harz und im Raum Göttingen. Ab Donnerstagmorgen drohten dann Regenschauer und Gewitter. Mit Frost ist aber wohl nicht zu rechnen.

Die Landesforsten können also weiter auf ein Mastjahr und die damit verbundene Verjüngung der Wälder hoffen. Ben Buhle wird dann mit seinen Mitarbeitern Eichen und Bucheckern sammeln, um diese als Saatgut für Baumschulen und für den Waldumbau zur Verfügung zu stellen. Neben Förstern freuen sich über die Mast außerdem vor allem Mäuse und Wildschweine.