Braunschweig. Müll zu reduzieren, ist natürlich wichtig. Aber Lebensmittelverpackungen sind eben doch oft unverzichtbar.

Unser Leser Gerd Marquardt aus Salzgitter fragt:

Obst und Gemüse im Supermarkt werden von unzähligen Kunden direkt angefasst. Ist diese Einsparung von Plastikmüll auf Kosten der Hygiene wirklich sinnvoll?

Die Antwort recherchierte Jens Gräber

Viele Menschen haben die Notwendigkeit erkannt, Verpackungsmüll zu reduzieren. In vielen Städten gibt es inzwischen sogar Läden, die gezielt damit werben, die meisten Waren unverpackt zu verkaufen. Davon kann im konventionellen Supermarkt zwar noch keine Rede sein. Aber unser Leser hat Recht: Gerade Obst und Gemüse liegen oft lose, also ohne Verpackung, in den Regalen. Ein Risiko?

Nein, erklärt Ulrich Nehring, Leiter des gleichnamigen Lebensmittel-Prüf-Instituts in Braunschweig. „Natürlich kann es auch zu Verunreinigungen kommen durch Keime, die Verbraucher an den Händen haben“, sagt er. „Eine Gefahr wäre das aber vor allem bei Lebensmitteln, die vor dem Verzehr nicht gewaschen oder erhitzt werden, Wurst oder Käse zum Beispiel.“ Soll heißen: Beim Abwaschen von Obst oder Gemüse werden die Keime einfach weggespült, beim Kochen ohnehin abgetötet.

Verpackung auch für Markenidentität wichtig

Nebenbei: Der Schutz vor Verderb und Verunreinigungen sei zwar eine wesentliche Funktion von Verpackungen, aber keineswegs die einzige, erklärt Nehring. „Die Verpackung ermöglicht es, eine Verkaufseinheit, also eine bestimmte Menge, anzubieten.“ Das gelte etwa für fertig geschnittenes Obst, aber auch für Tomaten oder Äpfel. So erklärt sich auch das Nebeneinander von verpackten und unverpackten Tomaten auf unserem Foto oben: links kann der Verbraucher selbst entscheiden, wie viele er möchte – rechts sind immer 250 Gramm in einer Packung. Und: Die Verpackung ist häufig auch wichtig, um die Markenidentität zu transportieren. „Denken Sie etwa an Cola“, sagt Nehring.

Wie kommt es aber, dass Salatgurken sowohl einzeln verpackt als auch ohne Verpackung angeboten werden? „Eingeschweißt bleiben sie einfach länger frisch“, so Nehring. Natürlich könne man auf diese Verpackung verzichten – aber dann würden eben mehr Gurken weggeworfen. „So viel Lebensmittel-Abfall will man auch nicht haben – es ist ein klassischer Zielkonflikt“, erklärt der Experte.

Konflikt zwischen Qualität und Umwelt?

Plastikmüll zu vermeiden, sei zwar sicher ein richtiges Ziel. „Aber wir haben auch extrem hohe Ansprüche an die Qualität und Unversehrtheit von Lebensmitteln – zu Recht, wie ich finde.“ Gerade um die Frische zu gewährleisten, müsse dann oft eine wasserdampfdichte Verpackung her – eine Folie eben. „Wenn Sie eine Gurke in Papier verpacken, können Sie es auch lassen.“

Übrigens: Rechtliche Regelungen, ob Obst oder Gemüse verpackt oder unverpackt angeboten werden müssen, gibt es laut Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit nicht. „Die Entscheidung darüber obliegt demjenigen, der das Lebensmittel in den Verkehr bringt“, teilt Sprecher Andreas Tief auf Anfrage mit.