Braunschweig. Doch nicht nur das Nitrat im Grundwasser, auch der Klimawandel und veraltete Leitungen setzen den Wasserversorgern zu.

Unser Leser Franz Albert bemerkt:

Ein bisschen Gülle in so viel Trinkwasser wird doch nicht schaden, oder? Hauptsache, das viele Fleisch ist gesund und schmeckt!

Die Antwort recherchierte Andre Dolle

Viele Länder leiden dramatisch unter Wassermangel, zum Teil selbst verschuldet, zum Teil klimatisch bedingt. Boutros Boutros Ghali, der ägyptische Diplomat und spätere Uno-Generalsekretär, sagte bereits 1985 voraus: Kriege der Zukunft werden nicht um Politik, sondern ums Wasser geführt werden.

Von Wasserknappheit ist das hochentwickelte Deutschland meilenweit entfernt. Wie das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie in Hannover mitteilte, liegt der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch in Niedersachsen bei etwa 126 Litern Trinkwasser pro Tag und werde zu 86 Prozent über das Grundwasser abgedeckt. Dabei sind mehr als 80 Prozent der verfügbaren Wasserressourcen in Deutschland noch völlig ungenutzt. Da ist also noch sehr viel Luft nach oben.

Und doch hat eine Studie des Umweltbundesamts für Aufsehen gesorgt. Denn es geht um den Geldbeutel der Verbraucher in Deutschland. Das Umweltbundesamt hat dabei auf ein Problem aufmerksam gemacht, das seit langem bekannt ist – und doch in der Öffentlichkeit nur als Randaspekt wahrgenommen wird: die hohe Nitratbelastung im Grundwasser. Es stellt die Wasserversorger zunehmend vor Probleme, da sich die Wasseraufbereitung durch das Mehr an Gülle zum Teil drastisch verteuert.

Sollte sich die Situation zum Beispiel im Westen Niedersachsens, also in der Region um Cloppenburg und Vechta, dem sogenannten Schweinegürtel, nicht ändern, droht besonders dort die Preisspirale, vor der das Umweltbundesamt warnt. Es sagt eine Preissteigerung von bis zu 45 Prozent voraus. Für eine vierköpfige Familie würde das zusätzliche Kosten von bis zu 134 Euro im Jahr bedeuten.

Die Wasserversorger kämpfen seit Jahren mit dem Nitrat. Bereits Anfang 2017 hatte der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) vor steigenden Wasserpreisen gewarnt. Die EU hatte im November 2016 Deutschland wegen der hohen Werte verklagt.

Und am Donnerstag – zum Tag des Wassers – warnten die Harzwasserwerke in Hildesheim und der Wasserverband Peine auf Anfrage unserer Zeitung ebenfalls vor diesen Folgen von Nitrat im Grundwasser.

Dabei ist das Nitrat im Grundwasser in unserer Region noch nicht so gravierend. Unsere Region zwischen Harz und Heide ist von der Industrie, nicht von der Landwirtschaft geprägt. Die Nitratwerte im Grundwasser sind demnach weniger dramatisch. Die Harzwasserwerke, die einen großen Teil unserer Region mit Wasser versorgen, beziehen das Wasser zudem hauptsächlich aus ihren sechs Talsperren: der Eckertalsperre, der Granetalsperre, der Innerstetalsperre, der Odertalsperre, der Okertalsperre und der Sösetalsperre. Sie bilden das große Reservoir der Harzwasserwerke, die viele Stadtwerke in der Region beliefern.

Die Leitungen der Harzwasserwerke reichen bis Bremen. Der Technische Geschäftsführer der Harzwasserwerke in Hildesheim, Christoph Donner, sagte: „Im Norden Niedersachsens sind Grenzwerte für Nitrat an einigen Standorten bereits jetzt erreicht. Für uns als Harzwasserwerke zeigen Computersimulationen, dass wir bei einem unserer Grundwasserwerke im Norden den Grenzwert für Nitrat 2035 erreichen werden.“

Das gelte aber ausdrücklich nicht für die genannten Talsperren, aus denen Braunschweig, Wolfsburg oder auch Salzgitter beliefert werden. Hier wird das Nitrat viel schleichender zum Problem. Eine enge Kooperation mit der Landwirtschaft sei aber notwendig, sagte Donner. Obwohl die Gülleproblematik bereits angegangen werde, könne Nitrat viele Jahre lang im Untergrund präsent bleiben.

Der Wasserverband Peine hat das Nitrat-Problem laut eigenen Angaben frühzeitig erkannt und steht bereits seit Anfang der 90er Jahre im Dialog mit den Landwirten vor Ort. Michael Wittemann, Technischer Leiter des Wasserverbands Peine, sagte: „Es ist uns gelungen, den Nitratwert im oberflächennahen Bereich zu stabilisieren, aber auf einem für uns noch zu hohen Niveau über

50 Milligramm je Liter. Noch baut sich Nitrat auf dem Weg durch den Boden in unserer Region ab, aber hier gilt es nachhaltig zu denken und die Einträge weiter zu reduzieren.“

Für die Harzwasserwerke Hildesheim ist der Klimawandel eine weitere Herausforderung. Er führe dazu, dass sich die Harzwasserwerke nicht mehr auf stets gut gefüllte Talsperren verlassen könnten, sagte Technikchef Donner. Mit dem weiteren Bevölkerungswachstum in den Ballungsgebieten Braunschweig und Wolfsburg steige dort der Bedarf. Heißere Sommer mit längeren Trockenperioden erschwerten in diesen Zeiten nicht nur die Trinkwassergewinnung. Zugleich müsse dann auch mit einem deutlich höheren Bedarf gerechnet werden.

Das Problem hat auch der Wasserverband Peine, der sein Wasser zum Teil aus den sechs Talsperren bezieht. In Bayern war es vergangenen Sommer teilweise verboten, den eigenen Garten zu bewässern. „So weit waren wir bei uns noch nicht“, sagte Wittemann.

Mittelfristig werden vor allem die Harzwasserwerke die jahrzehntealten Leitungen erneuern müssen – bei laufendem Betrieb. Die Höhe der Investitionen lässt sich derzeit noch nicht absehen.