Wolfsburg. Von den guten Zahlen profitieren auch die Aktionäre. Ihre Dividende verdoppelt sich. Die Untersuchungen der Affen-Tests dauern an.

Unser Leser, der sich VEB VW auf unserer Webseite nennt, schreibt:

Trotz Reputationsverlust und der Zahlung immens hoher Strafen scheint sich unmoralisches Verhalten doch zu lohnen... jedenfalls bis jetzt.

Die Antwort recherchierte Hannah Schmitz

Für Nachrüstungen und den Rückkauf von 2,0-Liter- und 3,0-Liter-Dieselfahrzeugen in Nordamerika sowie für Rechtsrisiken wendete Volkswagen im vergangenen Geschäftsjahr 3,2 Milliarden Euro auf. Das teilte der Konzern gestern mit. Vom operativen Ergebnis, das vor den sogenannten Sondereinflüssen bei 17 Milliarden Euro liegt, geht also rund ein Fünftel ab – ohne Abgas-Skandal hätte der Volkswagen-Konzern deutlich mehr im Betriebsergebnis stehen. Das unmoralische Verhalten hat sich für Volkswagen also demnach nicht gelohnt – wie es ein Leser auf unserer Webseite vermutete. Stefan Bratzel, Leiter des Auto-Instituts in Bergisch-Gladbach, sagt dazu: „Der Abgas-Skandal hat VW trotz des guten Ergebnisses sehr geschadet. Seine Gewinne wären sonst höher.“

Gewinn Entwicklung des VW-Konzerns

Der Konzern erzielte im vergangenen Geschäftsjahr Rekordwerte bei Absatz, Umsatz und operativem Ergebnis. Mit 13,8 Milliarden Euro lag das Ergebnis höher als noch 2014 mit 12,7 Milliarden Euro – ein Jahr vor Bekanntwerden des Abgas-Betrugs. Konzern-Chef Matthias Müller machte für das Rekordergebnis auch seine „Together“-Strategie verantwortlich. „Unser Zukunftsplan greift und wird immer konkreter“, so Müller. Der Finanzvorstand des Konzerns, Frank Witter, bezeichnete die finanzielle Lage des Konzerns als „robust“.

Davon profitieren auch die Aktionäre – der Vorstand hat dem Aufsichtsrat in seiner Sitzung am Freitag fast eine Verdopplung der Dividende vorgeschlagen. So sollen für Anleger mit Stammaktien rund 3,90 Euro pro Wertpapier ausgeschüttet werden, für Besitzer von Vorzugsaktien 3,96 Euro – zuvor waren es 2,0 beziehungsweise 2,06 Euro.

Frank Schwope, Auto-Analyst der Nord-LB, wertete das Konzernergebnis als ein „sehr ordentliches“, das sich bereits durch die guten Quartalszahlen abgezeichnet hätte. „2016 floss viel mehr Geld in die Dieselthematik als im vergangenen Geschäftsjahr. Außerdem wirkten sich 2017 Sparmaßnahmen und höhere Verkaufszahlen im Ergebnis aus“, erklärt Schwope. Für das laufende Geschäftsjahr erwartet der Markt-Experte eine weitere Steigerung des Konzernergebnisses.

Auch der Konzern blickt überwiegend optimistisch auf das Geschäftsjahr 2018 und erwartet eine Umsatzsteigerung um bis zu fünf Prozent. Für das operative Konzernergebnis rechnet das Unternehmen mit einer Rendite zwischen 6,5 und 7,5 Prozent. Im Geschäftsjahr 2017 lag sie bei 6 Prozent, nach 3,3 Prozent im Vorjahr. Die Auslieferungen der Fahrzeuge wird zudem noch einmal moderat steigen, heißt es in der Mitteilung des Konzerns.

„Das Ergebnis zeigt, dass der Konzern trotz des Skandals ein erfolgreiches und innovatives Unternehmen ist“, urteilt Bratzel. Der Erfolg basiere allerdings auch auf Erfolgen der Vergangenheit. „In der Vergangenheit hat das Unternehmen vieles richtig gemacht, zum Beispiel in der Produktion die Baukastenstrategie eingeführt“, sagt der Automobil-Professor. Für die Zukunft braucht das Unternehmen nach Einschätzung des Experten noch jede Menge Geld, um in der Transformation der Branche zu bestehen. Mit Bezug auf den Abgas-Betrug sagt er: „VW muss noch einiges tun, um Vertrauen zurückzugewinnen“. Symbolische Wiedergutmachungen seien etwa eine Möglichkeit.

Niedersachsens Ministerpräsident und Mitglied im VW-Aufsichtsrat, Stephan Weil (SPD), nannte die Zahlen „erfreuliche Zwischenergebnisse“. Es liege noch ein langer Weg vor dem Unternehmen, die Automobilindustrie stehe vor einem tiefgreifendem Wandel. Zu den Herausforderungen gehöre nach wie vor auch die Aufarbeitung des Abgas-Skandals.

Das zwanzigköpfige Kontrollgremium bei Volkswagen ließ sich am Freitag nicht nur die Kennzahlen aus dem vergangenen Geschäftsjahr vorlegen, es wurde auch vom Vorstand über den Stand der Untersuchungen im Fall der Abgas-Tests mit Affen informiert. Ein Konzern-Sprecher sagte unserer Zeitung, dass die Untersuchungen zu der umstrittenen Studie der Lobbyorganisation EUGT andauerten.

Der Konzern prüft derzeit seine rund 1700 Forschungskooperationen. „Der Screeningprozess wird voraussichtlich einige Zeit in Anspruch nehmen“, so der Sprecher. Die Überprüfung solle dafür sorgen, dass alle globalen Forschungsaktivitäten mit den „aktuellen ethischen-moralischen Grundsätzen des Konzerns“ abgeglichen würden. Im nächsten Schritt sollten sie dann mit diesen Standards in Einklang gebracht werden. Dies sei eine freiwillige Selbstverpflichtung und gehe über die bestehenden Compliance-Vorschriften hinaus.

„Der Konzern ist sich seiner gesellschaftlichen Verantwortung und der ethisch-moralischen Dimension der Vorgänge bewusst und wird alle notwendigen Konsequenzen aus den Erkenntnissen der Untersuchungen ziehen“, heißt es vom Sprecher. Der VW-Cheflobbyist Thomas Steg, der nach dem Bekanntwerden der Tierversuche beurlaubt wurde, bleibt weiterhin bis zum Abschluss der Untersuchungen von seinen Aufgaben entbunden.