Braunschweig. Der Industrie kann der Bau von Windparks nicht schnell genug gehen. Gegner wollen das verhindern. Die kleine Verwaltung ist gefordert.

Unsere Leserin Annette Behrens aus Winnigstedt fragt:

Wie können die Verantwortlichen beim Regionalverband jegliche Gesetze der Demokratie außer Acht lassen?

Die Antwort recherchierte Andre Dolle

Der Regionalverband Großraum Braunschweig plant seit 2011 den Ausbau der Windkraft zwischen Harz und Heide. Er hat seine Pläne veröffentlicht. Er hat dies ein zweites Mal getan, weil die Zahl der Einwände so groß war. Ein drittes Mal will er die Pläne nicht auslegen – obwohl der Widerstand immer noch groß ist.

Vertreter des Verbands kamen in die Dörfer und Städte, in denen es den größten Diskussionsbedarf gab, und stellten die Pläne vor. Der Verband schrieb Briefe an die fast 4000 Bürger in der Region, die Einwände erhoben haben. Er stellte ein Pamphlet auf seine Internetseiten. Die Pläne umfassen mittlerweile 7000 Seiten.

Dass der Regionalverband jegliche Gesetze der Demokratie außer Acht lässt, wie unsere Leserin schreibt, kann man also nicht sagen. Aber doch lässt sich feststellen: Nun, da es in die heiße Phase geht, verblasst das Ziel größtmöglicher Transparenz. Das monieren Kritiker wie Felicitas Naundorf von der Bürgerinitiative Windkraftgegner Elm.

Bei der Diskussion am heutigen Dienstag im Landkreis Wolfenbüttel ist sie nicht eingeladen, sondern ausschließlich Bürgermeister, Landräte, sonstige Vertreter von Kommunen und landesweit anerkannten Naturschutzverbänden. „Ich finde das unmöglich“, sagt Naundorf. Nur zu gerne hätte auch sie sich noch einmal geäußert. „Alle unsere Einwände wurden vom Tisch gewischt“, sagt sie.

Um ihren Hagenhof in Süpplingen im Landkreis Helmstedt sollen 13 Windräder gebaut werden. Der Rotmilan habe sich in Süpplingen niedergelassen – und verfängt sich in den riesigen Rotorblättern. „Es hieß nun, die Vögel leben in einem Wechselhorst. Das ist lächerlich. Was ist denn ein Wechselhorst?“, fragt sie.

Sie und die anderen aus der Bürgerinitiative wollten wissen, wie weit der Schall der großen Rotorblätter reicht. „Dazu machen wir keine Angaben“, hieß es vom Verband nur. Es sei noch nicht absehbar, wie groß die Windräder tatsächlich werden. „Der Verband geht über die Befindlichkeit der Bürger hinweg“, klagt Naundorf. Das gelte für ein weiteres Beispiel: den Kaiserdom in Königslutter. Die Windräder werden den Blick auf das historische Bauwerk verstellen. Vom Regionalverband hieß es dazu: „Der Hinweis wird zur Kenntnis genommen. Eine erhebliche Einschränkung ist unvermeidbar hinzunehmen. Der Dom zu Königslutter begründet keine besondere landschaftliche Empfindlichkeit.“

Naundorf kritisiert die ehrgeizigen Pläne des Verbands grundsätzlich: „Die Leute vom Land halten die Birne für die Städter hin.“ In Ballungsräumen werden keine Windräder gebaut.

Der Windkraftindustrie hingegen geht es nicht schnell genug. Der Bundesverband Windenergie rechnete bereits vor: Wäre der Regionalverband schneller gewesen, hätten in den vergangenen Jahren zwischen Harz und Heide 250 Windenergieanlagen gebaut werden können. Rein rechnerisch seien so Investitionen von 1,4 Milliarden Euro in den vergangenen Jahren ausgeblieben. Da pro Windrad Investitionen in Höhe von etwa 5,5 Millionen Euro entstünden, kommt der Bundesverband Windenergie auf diese Summe. Auch Landbesitzern ist eine stattliche Summe entgangen. Wer sein Land an einen Windkraft-Investor verpachtet, kann mit Einnahmen von mehreren zehntausend Euro pro Windrad und Jahr rechnen.

All dies hat der kleine Regionalverband mit seinen guten 40 Stellen zu berücksichtigen.