Braunschweig. Der Verkehr verursacht mit 61 Prozent am meisten. Fast drei Viertel des NO²-Ausstoßes im Verkehr stammen von Diesel-PKW.

Kritiker der Diesel-Debatte mahnen an, auch andere Quellen der Stickoxid-Belastung zu berücksichtigen. Doch Diesel-PKW sind in der Tat die größten Verursacher. Das zeigen Messungen und Berechnungen des Umweltbundesamtes (UBA) für Deutschland auf Basis internationaler Methodenstandards der Vereinten Nationen.

Ballungsgebiete sind laut UBA stärker mit Luftschadstoffen belastet. In städtischen und vorstädtischen Gebieten lägen die Jahresmittelwerte für Stickstoffdioxid zwischen 20 und 30 Mikrogramm pro Kubikmeter. Die niedrigste Belastung werde mit etwa 10 Mikrogramm in ländlichen Gebieten gemessen. Der EU-Grenzwert für Außenluft liegt bei 40 Mikrogramm; er darf nur in Einzelfällen, nicht aber im Jahresmittel überschritten werden.

Stickstoffdioxid-Ausstoß in Deutschland

Die höchste Konzentration werde ausschließlich an viel befahrenen Straßen gemessen, wo die Jahresmittelwerte zwischen 30 und 60 Mikrogramm pro Kubikmeter betragen. Denn den Berechnungen zufolge stammen 61 Prozent der Stickstoffdioxid-Belastung in der Innenstadt von Kraftfahrzeugen. Heizungen tragen demnach nur 8 Prozent bei, die Industrie 4 Prozent.

Fast drei Viertel der Stickoxid-Belastung durch den Verkehr machen Diesel-PKW aus. 19 Prozent stammen von Nutzfahrzeugen, 4 Prozent von Bussen. Die Daten liefert das „Handbuch Emissionsfaktoren des Straßenverkehrs“ (HBEFA), das die Umwelt- und Verkehrsbehörden von Deutschland, Österreich, Norwegen, Schweden, Frankreich und der Schweiz ab 1995 entwickelt haben. Die wissenschaftlichen Grundlagen werden demnach federführend vom Schweizer Umwelt- und Verkehrsforschungsinstitut Infras erarbeitet. Weitere Partner sind unter anderem das Ifeu-Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg oder der Tüv Nord.

Die aktuelle HBEFA-Version vom April 2017 ist ein kurzfristiges Update des Handbuchs aufgrund des Abgas-Skandals und wurde nur vom Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt finanziert; die nächste reguläre Fassung ist erst für Ende 2018 geplant. Neben Messungen auf dem Prüfstand wurden in der aktuellen Version zum ersten Mal auch Straßentests berücksichtigt. Auch der Verband der Automobilindustrie nutzte bei seinen Berechnungen für die beim „Diesel-Gipfel“ beschlossenen Maßnahmen als Grundlage die Stickoxid-Emissionsfaktoren des HBEFA.

In der aktuellen Fassung wurde außerdem erstmals einbezogen, dass die Stickoxidemissionen eines betriebswarmen Diesel-Motors von der Umgebungstemperatur abhängen. Denn der Abgas-Skandal hatte gezeigt, dass die Abgasreinigung von Diesel-PKW an kalten Tagen auf der Straße teilweise unzureichend funktioniert. Zuvor waren die Forscher davon ausgegangen, dass ein warmer Motor unabhängig von der Außentemperatur emittiert.

Gemittelt über Verkehrssituationen, Straßentypen und Umgebungstemperaturen in Deutschland ergab sich dabei ein durchschnittlicher Stickoxidausstoß von 507 Milligramm pro Kilometer bei Euro-6-Dieseln und 906 Milligramm bei Euro-5-Dieseln. Der Prüfstandsgrenzwert liegt für die Euro-6-Norm bei 80 Milligramm, für Euro 5 bei 180 Milligramm pro Kilometer.

Immerhin ist laut UBA seit 1995 ein Rückgang erkennbar. So sei die mittlere Stickstoffdioxid-Konzentration an den verkehrsnahen Messstationen von 48 auf 39 Mikrogramm pro Kubikmeter im Jahr 2015 gesunken.

Den CO2-Vorteil von etwa 15 Prozent eines Diesel gegenüber einem Benziner lässt das UBA zumindest für Deutschland nicht gelten. 2015 hätten die durchschnittlichen CO2-Werte von neu zugelassenen Benzinern und Dieseln gleichauf bei 129 Gramm pro Kilometer gelegen. Das Amt führt das darauf zurück, dass SUV und hochmotorisierte Fahrzeuge meist mit Diesel-Motoren ausgestattet werden, um den Spritverbrauch im Rahmen zu halten. Nach Ansicht des UBA ist das der Grund, dass diese Fahrzeuge mehr und mehr auf den Markt kamen.

In den Niederlanden hingegen habe der durchschnittliche CO2-Ausstoß der 2015 neu zugelassenen PKW um 25 Gramm pro Kilometer niedriger gelegen als hierzulande – obwohl der Diesel-Anteil 18 Prozentpunkte niedriger sei. Doch im Gegensatz zu Deutschland hätten die Niederlande die Besteuerung stark an CO2-Emissionen ausgerichtet, auch bei Dienstwagen. Der Anteil von E-Autos an den Neuwagen sei deshalb ebenfalls deutlich höher. 2015 lag er demnach inklusive Plug-in-Hybriden bei 9,7 Prozent – in Deutschland bei 0,7 Prozent.

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