Washington. Die Hürden für eine Amtsenthebung Trumps sind extrem hoch. Kongress-Vertreter und Bürgerinitiativen schießen sich dennoch auf Trump ein.

Unser Leser Andreas Wiercioch aus Vechelde fragt:

Unter welchen Umständen kann der amerikanische Präsident seines Amtes enthoben werden? Ist das schon einmal geschehen bzw. versucht worden?

Die Antwort recherchierte Friedemann Diederichs

Maxine Waters, langjährige afro-amerikanische Kongress-Abgeordnete der Demokraten aus Kalifornien, hat sich vor allem ein Ziel gesetzt: Ihr größtes Bestreben sei, Donald Trump des Amtes entheben zu lassen.

„Ich hoffe, er wird nicht für vier Jahre da sein“, sagte sie gegenüber Reportern. Waters spricht damit den beiden Harvard-Juraprofessoren Lawrence Lessig und Tamara Piety ganz aus dem Herzen. Sie sind die Initiatoren der Kampagne „Enthebt Trump jetzt des Amtes“, die unmittelbar nach der Amtseinführung des Milliardärs ins Leben gerufen wurde.

Der Vorwurf der beiden Juristen: Trump habe die Verbindungen zu seinen vielfältigen Geschäftsinteressen nicht ausreichend gekappt und damit gegen Bestimmungen der Verfassung verstoßen. Über 850.000 Bürger haben sich bisher dieser Kampagnenforderung angeschlossen – auch motiviert durch den umstrittenen temporären Einreisestopp Trumps für Flüchtlinge und für Reisende aus sieben islamischen Nationen, den ein Berufungsgericht in Kalifornien kürzlich weiter außer Kraft ließ.

Das „I“-Wort ist in diesen Tagen häufig zu hören

Das „I“-Wort („Impeachment“) ist in diesen Tagen häufig zu hören, und auch die jüngste Krise und die offenen Fragen nach dem Rücktritt von Sicherheitsberater Michael Flynn könnten dem Thema neue Nahrung verleihen. Denn dem Weißen Haus droht eine breite Aufarbeitung des Flynn-Abgangs durch den Kongress.

Eine Reihe auch republikanischer Volksvertreter will die Vorgänge untersuchen und Flynn aussagen lassen. Unklar ist etwa noch, ob Trump bereits vor seinem Amtsantritt von Flynns Alleingang und den im Wortlaut durch US-Geheimdienste mitgeschnittenen Telefonaten mit dem russischen Botschafter in den USA wusste – oder ob er diese vielleicht sogar selbst autorisiert hat. Eine Annahme, die Trumps Pressesprecher Sean Spicer am Dienstag zurückgewiesen hatte. Flynn könnte mit seinem Verhalten gegen den sogenannten „Logan Act“ aus dem Jahr 1799 verstoßen haben, der Bürger – und das war Flynn vor seiner offiziellen Ernennung – Verhandlungen mit ausländischen Regierungen verbietet, die einen Disput mit den USA haben. Doch bis heute hat es noch niemals eine Verurteilung aufgrund der uralten Logan-Bestimmungen gegeben.

Die Hürden für eine Amtsenthebung Trumps, nach der unser Leser fragt, sind ohnehin extrem hoch. Anders als in einer normalen Gerichtsbarkeit gibt es kein Verfahren mit Staatsanwalt, Verteidiger, Geschworenen und Richtern. Wenn im Kongress ein Antrag darauf gestellt wird, einen Präsidenten abzulösen, so ist dies ein politischer Vorgang.

Die Anklage wird vom Repräsentantenhaus erhoben und vom Senat verhandelt. Im Senat wird über das Präsidentenschicksal endgültig abgestimmt. Selbst wenn jeder Demokrat im Repräsentantenhaus für ein „Impeachment“ stimmt, wäre ein solches Verfahren nur möglich, wenn sich mindestens zwei Dutzend Republikaner dort anschließen.

Mindestens 19 Republikaner müssten dahinter stehen

Im Senat würde dann eine Zweidrittel-Mehrheit für eine Amtsenthebung benötigt – was bedeutet: Mindestens 19 Republikaner müssen hinter einem solchen dramatischen Schritt stehen. Und diese würden sich damit auch gegen einen großen Teil der Parteibasis stellen, die Trump ja an die Macht gebracht hat.

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass sich Trump trotz der Emotionen beim politischen Gegner relativ sicher wähnen kann. Die früheren Präsidenten Andrew Jackson und Bill Clinton wurden zwar durch das Repräsentantenhaus in verschiedenen Punkten angeklagt, aber dann durch den Senat freigesprochen. „Verbrechen und Vergehen“, so heißt es in den „Impeachment“-Bestimmungen, sollten mit einer Amtsenthebung geahndet werden.

Doch diese Begriffe sind interpretationsfähig. Und nicht immer findet jene Partei, die einen solch drastischen Schritt anstrebt, auch die Unterstützung in den eigenen Reihen. Bill Clinton, dem anfänglich Meineid, Justizbehinderung und Machtmissbrauch in der legendären Lewinsky-Affäre vorgeworfen worden waren, überlebte politisch, weil am Ende auch zahlreiche Republikaner am 12. Februar 1999 im Senat gegen die Amtsenthebung stimmten. Nach der „Watergate“-Affäre drohte auch dem Republikaner Richard Nixon das „Impeachment“, doch zu dem Verfahren kam es nicht mehr. Nixon, das Damoklesschwert und zahlreiche potenzielle Anklagepunkte vor Augen, trat zuvor vom Amt zurück.