Osterode. 60 Jahre Freundschaft mit Armentières in Frankreich: Warum die Städtepartnerschaft der Stadt Osterode am Harz etwas Besonderes ist.

60 Jahre gelebte Freundschaft – Wenn das kein Grund zum Feiern ist? Auf jeden Fall, meint die Stadt Osterode und veranstaltete anlässlich des 60-jährigen Jubiläums der Städtepartnerschaft zwischen den Städten Armentières und Osterode im Rahmen des Stadtfestes einen großen Festakt im Osteroder Ratssaal. Unter den geladenen Gästen war neben Armentières Bürgermeister Bernard Haesebrock und seiner Delegation, auch eine Delegation aus Osterodes polnischer Partnerstadt Ostróda und Wiebke Osigus, Niedersächsische Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten. Mit ihrem Besuch würdigte si die herausragende Bedeutung einer der ältesten deutsch-französischen Städtepartnerschaften.

„Mit Stolz können wir feststellen: Es ist ein ganz besonderes Jubiläum, das wir auch mit einem Stadtfest an diesem Wochenende begehen. Denn von den heute etwa Zweieinhalbtausend bestehenden kommunalen Partnerschaften zwischen Deutschland und Frankreich entstanden nur wenige bereits im Jahr der Unterzeichnung des Élysée-Vertrags durch Charles de Gaulles und Konrad Adenauer im Januar 1963“, so Osterodes Bürgermeister Jens Augat bei der Begrüßung der rund 140 geladenen Gäste. „Die Städtepartnerschaft zwischen Armentières und Osterode am Harz gehört mit der Nummer 151 zu den ersten deutsch-französischen Partnerschaften überhaupt. Sie ist damit mit Sicherheit ein Baustein für die damals kaum für möglich gehaltene Wandlung von der 200-jährigen Erbfeindschaft zwischen Frankreich und Deutschland zu einer echten Freundschaft. 60 Jahre gelebte Städtepartnerschaft – Diamantene Hochzeit – und gerade heute erstrahlt dieser Diamant wieder weit über unsere beiden Stadtgrenzen hinaus. Er ist ein Baustein für ein gemeinsames Europa.“

Partnerschaft weiter stärken

Niedersachsen Europaministerin nannte die deutsch-französische Freundschaft eine entscheidende Säule für Frieden und Wohlstand in Europa. Die Freundschaft sei früher wie heute der Motor, damit es uns in Europa gut geht. „Europa lebt von der Begegnung und dem Austausch der Menschen über Ländergrenzen hinweg. Städtepartnerschaften ermöglichen diesen Kontakt abseits der politischen Bühne und schaffen damit Raum für die wichtige Erkenntnis: Wir haben mehr gemeinsam als uns trennt“, stellte sie fest. „So können Fremde zu Freunden werden, die miteinander über Probleme reden, statt sie gegeneinander lösen zu wollen. Städtepartnerschaften leisten so einen wichtigen Beitrag zum Zusammenhalt in Europa“, so Osigus weiter.

Zenon Kastrau, Stellv. Bürgermeister Ostròda, Bernard Haesebroek; Bürgermeister Armentières, Wiebke Osigus (MdL), Nieders. Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten, Hammad Shakil, Schüler am Tilman-Riemenschneider-Gymnasium, Jens Augat, Bürgermeister Osterode am Harz , Hanna Südekum, Schülerin am Tilman-Riemenschneider-Gymnasium nach dem Eintrag ins Goldene Buch der Stadt (von links).
Zenon Kastrau, Stellv. Bürgermeister Ostròda, Bernard Haesebroek; Bürgermeister Armentières, Wiebke Osigus (MdL), Nieders. Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten, Hammad Shakil, Schüler am Tilman-Riemenschneider-Gymnasium, Jens Augat, Bürgermeister Osterode am Harz , Hanna Südekum, Schülerin am Tilman-Riemenschneider-Gymnasium nach dem Eintrag ins Goldene Buch der Stadt (von links). © HK | Stadt Osterode

Der Élysée-Vertrag sei Grundlage für Vertrauen und Miteinander. „Nie war die Freundschaft zwischen Franzosen, Polen und Deutschen, zwischen Frankreich, Polen und Deutschland, wichtiger als heute“, so Augat. Nicht nur deshalb sei es ihm ein besonderes Anliegen, diese über sechs Jahrzehnte gewachsene Städtepartnerschaft weiter zu stärken und ihre Bedeutung für den Frieden in Europa hervorzuheben: „Denn es ist gerade heute – in einer Zeit in der die europäische Idee von außen aber zunehmend auch von innen in Zweifel gezogen wird – wichtig, persönliche Verbindungen und Netzwerke zu schaffen und zu erhalten. Diese Kontakte sind ein stabilisierendes Element für die Zusammenarbeit unserer Länder. Sie sind in einer Zeit, in der Ausgrenzung, Hass und Hetze wieder vielerorts salonfähig zu werden drohen, unverzichtbar und ein wirksames Mittel gegen Aggressoren von außen sowie das Wiedererstarken nationaler Ressentiments im Innern.“

Die grenzüberschreitenden Städtepartnerschaften hätten unverändert eine wichtige Funktion: „Für viele Bürgerinnen und Bürger sind sie der Rahmen, indem sie erstmals persönlich mit Europa in Kontakt treten. In den Begegnungen wird immer wieder klar: Die Gemeinsamkeiten verbinden und selbst die Sprache wird zweitrangig“, beschrieb Augat auch seine eigenen Erfahrungen. Stellvertretend für viele andere würdigte Osterodes Bürgermeister die Dolmetscherin Catherine Thiem, seinen Amtsvorgänger Klaus Becker sowie Armentières amtierenden Bürgermeister Bernard Haesebroek und seinen ebenfalls angereisten Vorgänger Claude Hujeux. „Es ist natürlich unmöglich, alle prägenden Akteure der sechs Jahrzehnte Städtepartnerschaft namentlich zu nennen.“

Gemeinsamer Blick in die Zukunft

Nach dem Blick in die Vergangenheit gelte es zudem den Blick in die Zukunft zu richten. „Es ist unser aller Aufgabe, die Städtepartnerschaft zwischen Armentières und Osterode am Harz auch zukünftig mit Leben zu füllen und dafür zu sorgen, dass sie ein wichtiger Baustein der deutsch-französischen Freundschaft und eines friedlichen Europas bleibt. Dabei wünsche ich uns allen weiterhin viel Freude und erwarte, dass wir uns den immer neuen Herausforderungen mit innovativen und kreativen Ideen sowie Verständnis, Mut und Neugierde stellen.“

Armentières Bürgermeister Bernard Haesebroek spannte in seiner Rede einen weiten Bogen von den Anfängen der Partnerschaft bis zur Gegenwart. Er knüpfte in seiner Würdigung der vielen Jugendlichen, Paaren, Vereinen, Sportler, Chorsänger und Mitbürger an die Worte seines Vorredners an. „Dieses Jubiläum ist eine Etappe. Es klingt wie eine echte Ehrung an all jene, die der Städtepartnerschaft Armentières – Osterode am Harz Leib und Seele geschenkt haben.“

Armentières Bürgermeister Bernard Haesebroek und Bürgermeister Jens Augat nach der Enthüllung der Partnerschaftstafel am Rathaus (von rechts).
Armentières Bürgermeister Bernard Haesebroek und Bürgermeister Jens Augat nach der Enthüllung der Partnerschaftstafel am Rathaus (von rechts). © HK | Stadt Osterode

Zenon Kastrau, stellvertretender Bürgermeister der polnischen Partnerstadt Ostròda, blickte in die Zukunft: „Unser gemeinsames Engagement wird uns sicherlich ermöglichen, noch viele weitere hervorragende Lösungen zu entwickeln. Ich bin überzeugt, dass wir gemeinsam die gesetzten Ziele erreichen und unsere Partnerschaft und Freundschaft noch mehr festigen werden. In diesem Jahr beginne die Stadt Ostròda eine Partnerschaft mit der französischen Gemeinde Auxonne. Kastrau gratulierte gleich am Anfang seiner Rede zu den großartigen Leistungen in sechzig Jahren deutsch – französischer Zusammenarbeit.

Schülerin Hanna Südekum und Schüler Hammad Shakil vom Tilman-Riemenschneider-Gymnasium beschrieben die Bedeutung des Schüleraustauschs zwischen beiden Ländern. Beide schätzen sich glücklich, mit dem Gymnasium eine Partnerschule Frankreichs zu besuchen und betonten die Wichtigkeit des interkulturellen Austauschs zwischen den Schülerinnen und Schülern. Beide freuen sich auf künftige Begegnungen und ihren Besuch in Armentières.

Musik gibt festlichen Rahmen

Neben den Reden der Ehrengäste war der gemeinsame Eintrag der Festredner ins Goldene Buch der Stadt einer der Höhepunkte des Festaktes. Musikalisch begleitet wurde er von Pianistin Alina Reinholz am Flügel und Sängerin Tanja Kusheva, die Edith Piafs „Je ne regrette rien“ und Reinhard Meys „Nein, meine Söhne geb ich nicht“ interpretierte – letzteres als musikalische Mahnung für den Frieden in Europa.

Das Südharzer Bläserquartett sorgte zum Abschluss mit dem Spielen der Nationalhymnen der drei Partnerstädte und der Europahymne für festlich internationales Flair während der Enthüllung der Partnerschaftstafel neben dem Eingang des Osteroder Rathauses.

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