Osterode. Eine Sonderausstellung im Museum im Ritterhaus widmet sich der Osteroder Künstlerin Erna Krüger. Sie dokumentiert auch ihr Leben und ihren Charakter.

Eine ganz besondere Ausstellung befindet sich im Osteroder Museum im Ritterhaus derzeit in Vorbereitung. Mittelpunkt der Zusammenschau ist das Werk der Osteroder Künstlerin Erna Krüger, die mit der bekannten Malerin Käthe Kollwitz in regem Austausch stand.

Geboren am 1. März 1883 in Wittenberg an der Elbe, war Erna Margarete Krüger zunächst ein typisches Kind ihrer Zeit. Wohl behütet wuchs sie auf, als jüngste Tochter des Majors und späteren Generalleutnants Paul Albert Krüger und seiner Frau Henriette Antonie, geborene Gerboth.

Umsorgt, versehen mit klassischer Ausbildung

Eingebettet im gehobenen Bildungsbürgertum als sogenannte höhere Tochter, bekam sie eine umfängliche klassische Bildung, konnte mit dem Vater und der älteren Schwester Antonie Reisen unternehmen und wuchs, umsorgt vom Hauspersonal, in wohlhabenden Verhältnissen auf. 1897 zog die Familie in die Kulturmetropole Leipzig, wo der damals 14-jährigen Erna alle Möglichkeiten offen standen, sich in Kunst, Musik, Literatur, Philosophie und gehobenem gesellschaftlichen Umgang zu üben.

An der privaten Sevier‘schen Mädchenschule wurde ihr künstlerisches Talent von Leiterin Meta Steinbrück erkannt und gefördert. Die Eltern ermöglichten Erna verschiedene Studienaufenthalte und privaten Zeichenunterricht. 1904, im Alter von 21 Jahren, entschied sich Erna Krüger für ein Leben als freischaffende Malerin und blieb, nach einer tragischen unerfüllten Liebe zu dem Münchner Jugendstilmaler Otto Tragy, ein Leben lang unverheiratet.

Otto Tragy, 1866 in Prag geboren, war 17 Jahre älter als sie. Seit 1892 war er verheiratet mit der Sängerin Josefine Heuser. Die Tragys führten ein elegantes Künstlerleben im Münchner Vorort Pasing, wo sie, wie damals in der vornehmen Gesellschaft üblich, in ihrer Ateliervilla an zahlreichen Abenden Feste gaben. „Dort unterrichtete Otto Tragy seine Malschüler und -schülerinnen, zu denen auch Erna Krüger gehörte, privat und im eigenen Atelier. Otto Tragy und Erna Krüger verliebten sich heftig ineinander, wie aus den überlieferten Briefen hervorgeht, die sich beide schon nach kurzer gemeinsamer Zeit gegenseitig schrieben“, berichtet Museumsleiterin Angelika Paetzold, die sich derzeit intensiv mit dem Leben und Wirken der Osteroderin beschäftigt.

Ein gemeinsames Leben kam für beide aber offenbar nicht in Frage

Er unterschrieb seine Liebesbriefe stets mit dem Pseudonym „Ekkehard“, wohl als Anspielung auf Victor von Scheffels 1855 erschienenen Roman um eine verbotene Liebe mit tragischem Ausgang zwischen einer Adeligen und einem Mönch gleichen Namens. Was für Otto Tragy ein Seitensprung war, entwickelte sich für seine sensible Ehefrau Josefine offenbar zu einer emotionalen Katastrophe. „Sie nahm sich das Leben, was wiederum die Beziehung zwischen Otto Tragy und Erna Krüger stark ernüchterte“, so die Museumsleiterin.

Porträtzeichnung von Erna Krüger.
Porträtzeichnung von Erna Krüger. © Museum

Zwar trafen sich die„Seelenverwandten“ auch nach dem tragischen Ereignis noch häufiger im Spreewald zum gemeinsamen Malen und Arbeiten, ein gemeinsames Leben kam für beide aber offenbar nicht in Frage. Trotzdem schrieben sie sich bis zum Tode Otto Tragys im Jahr 1928 regelmäßig sehr persönliche Briefe.

Auf Grund der tragischen Ereignisse studierte Erna Krüger daraufhin in Weimar, wo sie bis 1906 ihr Kunststudium abschloss. Mit den Eltern und ihrer ebenfalls unverheirateten Schwester Antonie, zog sie dann nach Berlin.

Das Leben im wohlhabenden elterlichen Haushalt ermöglichte ihr dort ein Dasein als freischaffende Malerin. Dies war eine für die damalige Zeit außerordentlich ungewöhnliche Entscheidung, da ein Leben ohne Ehemann in der damaligen Gesellschaft kaum vorgesehen war. Während der 14 Jahre in Deutschlands Hauptstadt war sie Teil des ganz großen Kunstgeschehens Berlins. Sie freundete sich 1914 mit Käthe Kollwitz an, bei der sie zeitweise auch wohnte und mit der sie ein Leben lang befreundet blieb, und sie war freies Mitglied der Berliner Sezession.

Eine Landschaft im Harz.
Eine Landschaft im Harz. © Museum

Umzug nach Osterode am Harz

1920 beschloss ihr Vater Paul, seinen Altersruhesitz in Osterode am Harz einzurichten. Erna Krüger folgte dem Vater, zusammen mit ihrer Schwester und ihrer Lebensgefährtin und Freundin Andrea Jeppesen, in ein neu errichtetes Haus im Stadtteil Dreilinden. Nach dem Tod Paul Krügers 1921, lebten die drei Frauen bis zu ihrem Tod in Osterode Dreilinden. Erna Krüger war bis zu ihrem Tod 1973 Freischaffende Malerin. Ihre realistischen Portraits und Landschaftsbilder waren beliebt bei den Osterodern. Auch von Osterode aus, stellte sie ihre Bilder bei Ausstellungen in ganz Deutschland aus. Sie war Mitglied des Deutschen Künstlerbundes und ihre Bilder wurden in der deutschen Presse zum Teil hoch gelobt. Da sie sich den Nationalsozialisten nicht anbiedern wollte, wurden ihre Ausstellungen nach 1933 aber deutlich weniger.

Auch die Unterstützung der Pazifistin Käthe Kollwitz, die durch die Nationalsozialisten ihre Professur verlor, war ihr nun nicht mehr dienlich. Mit über 70 Jahren sollte Erna Krüger noch einmal einen Altar für eine Osteroder Kirchengemeinde erschaffen. Es kam aber nur noch zu Entwürfen.

Umfangreiches künstlerisches Werk hat sich erhalten

Das umfangreiche künstlerische Werk der Erna Krüger ist im Osteroder Museum in großen Teilen erhalten. Der Umzug in den Harz jedoch war ihrer Karriere als Malerin nie förderlich.

Die Osteroder Malerin Erna Krüger im Malerkittel.
Die Osteroder Malerin Erna Krüger im Malerkittel. © Museum

Nach ihrem Tod interessierten sich nur noch Wenige für die zahlreichen Gemälde und Grafiken der eigensinnigen Künstlerin. Ihre exzentrische Persönlichkeit jedoch, blieb noch lange im kollektiven Gedächtnis der Kleinstadt Osterode. Einige Osteroder, wie beispielsweise der Heilpraktiker Manfred Riebe, erwarben ihre Bilder nach Erna Krügers Tod 1973 und bewahrten ihr Werk für die Nachwelt auf. Manfred Riebe vererbte über 100 Gemälde und Grafiken von Erna Krüger dem Osteroder Museum im Ritterhaus.

Zusammen mit Stiftungen an, und Leihgaben und Ankäufen durch das Museum, konnte eine umfangreiche Sammlung entstehen, die nicht nur das Werk, sondern an Hand von Fotografien, Briefen, Dokumenten und Skizzen auch das Leben und den Charakter der einzigartigen Künstlerin dokumentiert und das nun in einer Sonderausstellung nachgezeichnet werden soll.

Eröffnet wird die Sonderausstellung „Erna Krüger – Malerin – Rebellin – Freundin von Käthe Kollwitz“ zu Erna Krügers 140. Geburtstag am 1. März 2023. Die Ausstellung schließt dann am 9. September 2023, dem 50. Todestag der Künstlerin. Zur Eröffnung, am Mittwoch, dem 1. März, um 19 Uhr, im ersten Stock des Osteroder Museums im Ritterhaus, sind auch interessierte Osteroder Bürgerinnen und Bürger herzlich eingeladen.