Osterode. Tenor Björn Casapietra gastiert am 30. September mit seiner „Hallelujah“-Tour in Osterode. Vorab verrät er uns, wie er Wut in etwas Gutes umwandelt

Mit seiner aktuellen „Hallelujah“-Tour bringt Björn Casapietra die Fortsetzung seiner schönsten Himmelslieder jetzt auch nach Osterode. Zu erleben ist der Tenor mit seinen gefühlvollen Liedern am Freitag, 30. September, in der Marktkirche St. Aegidien ab 18.30 Uhr. Was für ihn „himmlisch“ bedeutet und was das Publikum erwarten kann, verrät uns Björn vorab im Interview.

Was bedeutet für Dich „himmlisch“ und was verbindest Du damit?

Wir leben in schwierigen Zeiten. Erst zwei Jahre Pandemie und jetzt dieser furchtbare russische Angriffskrieg auf eine junge Demokratie wie die Ukraine. Musik hat jetzt einen Auftrag und eine Aufgabe: und die heißt: heilen! Und womit könnte man besser heilen als mit dem Hallelujah von Leonard Cohen oder dem Ave Maria von Franz Schubert? Musik muss den Menschen jetzt Zuversicht, Hoffnung und Kraft schenken. Nichts anderes habe ich vor.

Du gibst viele Konzerte in Kirchen. Was macht die besondere Atmosphäre dort für Dich aus?

Ursprünglich wurden Kirchen mal dafür gebaut, dass die Menschen nach dem Gottesdienst erfrischt und erquickt heraus gehen. Das ist genau das, was ich mit meinen Konzerten erreichen will. Ich möchte dass mein Publikum erleichtert, glücklich und selig aus dem Konzert geht. Im Moment bin ich motiviert bis unter die Haarspitzen. Ich will Konzerte singen, die niemand mehr vergisst. Und die Akustiken in den Kirchen sind eine große Hilfe.

Gibt es ein Konzerterlebnis, das Dir besonders in Erinnerung geblieben ist?

Seit April sind wir wieder unterwegs. Jedes Wochenende eine andere Stadt. Und keines unserer Konzerte endet ohne Standing Ovations und Zugaben. Ich sage das ausdrücklich nicht um anzugeben, sondern weil ich einfach stolz drauf bin. Ein Ereignis gab es wirklich mal. Ich habe in Greifswald ein Konzert gesungen und hatte den gesamten ersten Teil des Konzerts den Hosenstall offen. Schlauerweise hatte ich auch noch einen weißen Schlüpfer unter dem schwarzen Anzug an. Ich war dann sehr dankbar als man mir in der Pause sagte, ich solle doch mal meine Hose zumachen (lacht).

Welches der Lieder aus Deinem Repertoire hat die größte Bedeutung für Dich?

Weißt Du, die Lieder die wir bei den Himmelsliedern singen, sind alle so schön. Die sind alle wie Kinder für mich. Das Hallelujah von Leonard Cohen wird so geliebt von den Menschen. Tochter Zion, Guten Abend, gut Nacht von Brahms, Imagine von John Lennon, Maria durch den Dornwald ging usw. Das sind, wie gesagt, alles Lieder, die den Menschen Hoffnung machen sollen.

Du stammst aus einer Familie mit Musik im Blut. Hättest Du Dir in Deiner Jugend vorstellen können, einmal als Tenor Karriere zu machen?

Ehrlich gesagt nein. Erst wollte ich Elvis werden. Aber den gab’s ja dann schon. Irgendwann habe ich die alten Platten meiner Mutter in mein Zimmer geholt und angefangen, mir Tenöre anzuhören. Diese kräftigen und metallenen Stimmen haben mir gut gefallen. Das war Liebe auf den ersten Blick. Ich liebe das, was ich tue. Von ganzem Herzen. Und das spürt mein Publikum auch.

Mit wem würdest Du gern mal ein Duett singen?

Mit der größten Sängerin die ich über alles verehre: Barbra Streisand.

Du bist auch schon mit Deiner Tochter Stella aufgetreten. Was bedeutet das für Dich?

Meine Tochter hat so eine begnadete Stimme. Und ist so unglaublich musikalisch. Ich bin so unendlich stolz auf sie. Aber im Moment ist sie im Gymnasium und hat alle Hände voll mit der Schule zu tun. Es ist ein musikalisches Gymnasium, sie singt dort außerdem noch im Chor.

Was empfiehlst Du Eltern, wenn Sie bei ihren Kindern musikalisches Talent feststellen?

Auf keinen Fall Druck ausüben. Behutsam in die richtige Richtung lenken. Meine geliebte Stella hat bis vor Kurzem im Kinderchor der Komischen Oper Berlin gesungen. Viele Jahre lang. Das hat ihr großen Spaß gemacht. Aber jetzt ist sie 13 und wollte aussteigen. Hab ich vollstes Verständnis für. Sie wird ihre Musikalität weiterentwickeln auf ihre Art und ihren Weg gehen.

Du engagierst Dich sozial – zum Beispiel für das Leipziger Kinderhospiz „Bärenherz“. Und Du hattest auch eine Frau aus der Ukraine mit ihren beiden Kindern bei Dir aufgenommen. Warum ist Dir dieses Engagement so wichtig?

Jeder, der schon mal in einem Kinderhospiz war und ein Herz besitzt, wird danach den Willen verspüren, diese Menschen zu unterstützen. Was die Ukraine angeht, mein Vater war noch Soldat im Zweiten Weltkrieg. In der Wehrmacht. Als im Februar die Nachricht kam, dass Putin die Ukraine brutal angegriffen hat, war ich gerade mit meinem Hund im Park und fing direkt an zu heulen. Meine Wut gegen diesen Terroristen und Kriegsverbrecher im Kreml wuchs mit all den Kriegsverbrechen, die die Russen in der Ukraine begingen. Also habe ich meine Wut umgewandelt in Hilfe und Unterstützung. Diese Mutter mit ihren zwei Kindern, die bei mir gewohnt hat, hatte zwei Monate lang mein Schlafzimmer und ich die Couch. Und es war wunderbar so. Schließlich habe ich es geschafft, eine Wohnung für die Familie zu besorgen. Ich habe quasi meine Wut auf diesen Faschisten genommen und umgewandelt in etwas Gutes.

Du wirst zum ersten Mal in Osterode auftreten. Hast Du vor einem Konzert noch die Zeit, Dir ein wenig die Umgebung anzuschauen?

Das tue ich eigentlich fast immer nach dem Soundcheck. Dann laufe ich meistens durch das Zentrum des Ortes und schau mir alles an. Ich liebe das sehr.

Worauf darf sich das Publikum in Osterode freuen?

Die Himmelslieder sind die mit Abstand schönste Tournee, mit der ich jemals unterwegs war. Es sind genau die richtigen Lieder zur richtigen Zeit. Noch mal, ich möchte das mein Publikum nach dem Konzert aus der Kirche geht und das Gefühl hat, dass die Sterne am Himmel etwas heller leuchten.

Was ist für Dich selbst der musikalische Höhepunkt des Abends?

Wenn ich das Ave Maria von Franz Schubert singe und merke, dass Menschen anfangen Taschentücher herauszuholen. Weißt Du, ich möchte nicht nur für die Ohren singen. Ich möchte tiefer rein in den Menschen. Am liebsten für die Seele singen. Und wenn da eine ältere Dame in der ersten Reihe sitzt und weint weiß ich, dass ich sie in ihrem Herzen erreicht habe. Das ist für mich als Sänger das größte Kompliment.

Karten gibt es ab 31,90 Euro im Harz Kurier Service Center, Gipsmühlenweg 2-4, Osterode, unter www.konzertkasse.de und bei der Ticket-Hotline unter 0531/ 16606. Björn Casapietra ist auch in Halberstadt (3. Oktober) und Blankenburg (8. Oktober) zu erleben.