Goslar. Isaac Julien vereint Film, Tanz, Fotografie, Musik, Theater und Malerei. Er gilt als einer der Wegbereiter für eine unabhängige schwarze Filmkultur.

Der Goslarer Kaiserring des Jahres 2022 geht an Isaac Julien. Er ist Künstler, Filmproduzent und Hochschullehrer. Aufgrund der Corona-Pandemie konnte Goslars Oberbürgermeisterin Urte Schwerdtner den Namen des Preisträgers nicht wie üblich beim traditionellen Neujahrsempfang der Stadt Goslar bekannt geben. Stattdessen veröffentlicht die Stadtverwaltung am heutigen Tag ein Kurzvideo im Internet auf www.goslar.de.

„Es ist eine große Ehre, den renommierten Goslarer Kaiserring für 2022 zu erhalten“, sagt Isaac Julien. „Diese Auszeichnung hat eine lange und beeindruckende Geschichte, und viele der bisherigen Preisträger sind langjährige Freunde und Kollegen.“ Es sei ihm eine große Freude, einem so angesehenen Kreis anzugehören. „Diese Auszeichnung zu erhalten, ist auch eine Inspiration, die Arbeit fortzusetzen, die ich seit vier Jahrzehnten mache.“

Starke Beziehung zu Deutschland

Seine Beziehung zu Deutschland, wo er lange gelehrt und viele Freunde habe, sei schon immer besonders stark gewesen. „Und diese Auszeichnung kommt zu einem wichtigen Zeitpunkt, an dem die Anerkennung internationaler Werte in der zeitgenössischen Kunst von wesentlicher Bedeutung ist“, so der Künstler.

In ihrer Begründung schreibt die Kaiserring-Jury über Isaac Julien: „Er reißt Barrieren zwischen verschiedenen künstlerischen Disziplinen nieder, indem er aus Film, Tanz, Fotografie, Musik, Theater, Malerei und Skulptur schöpft und sie zu einer im höchsten Maße sinnlichen visuellen Erzählung vereint. Juliens Arbeit behandelt wichtige gesellschaftliche und menschliche Themen unserer Zeit – Rassismus, Migration, Diversität, Queerness, Homophobie und Chauvinismus – und regt dazu an, soziale Verantwortung neu zu denken und auszuloten.“

Pointierte politische Aussagekraft

Isaac Julien verbinde pointierte politische Aussagekraft mit einer Ästhetik der visuellen Verführung. „In seinen Filmen und Videoinstallationen, die eine malerische Kraft haben, verwendet er Historiengemälde als Bildelemente, Museen als Schauplätze und lädt den filmischen Raum als eine Art „tableau vivant“ auf.

Er hat damit eine poetische und einzigartige visuelle Sprache geschaffen.“ Isaac Julien wird den Kaiserring der Stadt Goslar, einen der renommiertesten Kunstpreise der Gegenwart, persönlich in der Goslarer Kaiserpfalz entgegennehmen. Der Festakt ist für den 8. Oktober vorgesehen.

Isaac Julien

Isaac Julien, 1960 in London geboren, ist ein internationaler Filmemacher, der im Laufe seiner Karriere Arbeiten für Kino, Fernsehen sowie Kunstmuseen und -galerien produziert hat. Er studierte Bildende Kunst und Film an der St. Martin’s School of Art und war in den 1980er Jahren Mitbegründer des „Sankofa Film and Video Collective“, das sich der Entwicklung einer unabhängigen schwarzen Filmkultur gewidmet hat. Er gilt zusammen mit einigen schwarzen und asiatischen Filmemacherinnen und Filmemachern als Wegbereiter des internationalen schwarzen Kinos.

Der internationale Durchbruch

Mit dem Film „Looking for Langston“, einer poetischen Auseinandersetzung mit den Schriften von Langston Hughes und der Harlem Renaissance erlangte er 1989 seinen internationalen Durchbruch. Der Film erhielt mehrere Preise. Ebenso wurde sein Spielfilmdebüt „Young Soul Rebels“ von 1991 bei den Filmfestspielen von Cannes ausgezeichnet.

Seine musealen Arbeiten zeigt Isaac Julien seit Mitte der 1990er Jahre als Filminstallationen auf mehreren Bildschirmen. Er gilt als Pionier dieser Präsentationsform. Gleichzeitig stellt er immer eine Werkversion für das Kino her. Im gleichen Zeitraum drehte Julien weiterhin poetische Dokumentarfilme, etwa das Biopic über den britischen Filmregisseur und Künstler Derek Jarman mit dem Titel „Derek“ (2008) – gedreht mit Schauspielerin und Oscar-Preisträgerin Tilda Swinton über das Leben, die Kunst und die Filme von Jarman.

Zu Isaac Juliens jüngsten Arbeiten gehören: „Lessons of the Hour: Frederick Douglass“ (2019) und „Lina Bo Bardi: A Marvelous Entanglement“ (2020). „Lessons of the Hour“ erzählt die Geschichte von Frederick Douglass, einem ehemaligen Sklaven, der sich für die Abschaffung der Sklaverei einsetzte und zu einem der meistfotografierten Männer des 19. Jahrhunderts wurde. Lina Bo Bardi ist eine renommierte Architektin der brasilianischen Moderne, die von der Oscar-nominierten Schauspielerin Fernanda Montenegro porträtiert wird.

Von der Queen geehrt

Issac Julien lebt und arbeitet hauptsächlich in London und lehrt als Hochschulprofessor an der UC Santa Cruz. Er ist seit mehr als 20 Jahren Mitglied der British Academy of Film and Television Arts (BAFTA). 2017 wurde er von der britischen Königin Queen Elisabeth II. für Verdienste um Kunst und Film geehrt und 2018 zum „Royal Academician“ ernannt.

Die Kaiserring-Jury

Die Kaiserring-Jury setzt sich aus einer Fachjury und einer Goslarer Jury zusammen. Der Fachjury gehörten zum Zeitpunkt der Auswahl an:

  • Jury-Vorsitzender Prof. Dr. Wulf Herzogenrath, Direktor der Sektion Bildende Kunst der Akademie der Künste Berlin
  • Prof. Dr. Marion Ackermann, Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden
  • Dr. Penelope Curtis, Gastprofessorin an der National Gallery of Art, Washington
  • Fabrice Hergott, Direktor des Musée d’art moderne de la Ville de Paris
  • Udo Kittelmann, Künstlerischer Leiter Museum Frieder Burda
  • Dr. Friedemann Malsch, Direktor a.D. des Kunstmuseums Liechtenstein, Vaduz
  • Prof. Susanne Pfeffer, Direktorin des MMK, Museum für moderne Kunst in Frankfurt am Main

Die Goslarer Jury bildeten:

  • Dr. Oliver Junk, seinerzeit Oberbürgermeister der Stadt Goslar
  • Marleen Mützlaff, Leiterin des Fachbereichs Kultur der Stadt Goslar
  • Martin Mahnkopf, Vorsitzender des Ausschusses für Weltkulturerbe, Stadtgeschichte und Kultur der Stadt Goslar
  • Dr. Frank Schober, seinerzeit stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Weltkulturerbe, Stadtgeschichte und Kultur der Stadt Goslar
  • Dr. Bettina Ruhrberg, Direktorin des Mönchehaus Museum Goslar
  • Florian Haacke, Vorstandsvorsitzender des Vereins zur Förderung moderner Kunst e.V. Goslar

Der Kaiserring Goslar

Der Goslarer Kaiserring ist einer der weltweit renommiertesten Preise für moderne Kunst. Er wird seit 1975 verliehen.

Die ersten Preisträger waren Henry Moore, Max Ernst und Alexander Calder. Ihnen folgten Pioniere der Gegenwartskunst wie Joseph Beuys, Gerhard Richter, Nam June Paik, Christo, Cindy Sherman oder Jenny Holzer. Vor Isaac Julien erhielten in den letzten Jahren unter anderem Bridget Riley, David Lynch, Olafur Eliasson, Wolfgang Tillmans, Hans Haacke und zuletzt Adrian Piper den Preis. 1978 wurde das Mönchehaus Museum eröffnet, um den Kaiserringträgern ein repräsentatives Ausstellungsforum zu bieten

Prof. Dr. Marion Ackermann folgt auf Prof. Dr. Wulf Herzogenrath und wird künftig den Jury-Vorsitz übernehmen.