Nordhausen. Regisseurin Anette Leistenschneider verabschiedet sich mit „Vetter aus Dingsda“ vom Theater Nordhausen.

Leichte und lustige Kost in dunklen Zeiten. Das verspricht die Operette „Der Vetter aus Dingsda“ am Theater Nordhausen. Doch die Premiere am Mittwoch kann nur streckenweise überzeugen. Dabei fällt dem Duo Wagner - Kohl eine besondere Rolle zu.

Die Brisanz der Aufführung liegt nicht darin begründet, dass die Premiere coronabedingt immer wieder nach hinten verschoben wurde. Die Brisanz liegt darin begründet, dass die Regisseurin Anette Leistenschneider mittlerweile das Theater Nordhausen verlassen hat. Ihr Abgang wurde von einer Reihe von Misstönen begleitet.

Mangelnde Abstimmung zwischen Ensemble und Loh-Orchester

In der Vergangenheit hatte Leistenschneider mit ihren umjubelten Inszenierungen von „Cendrillon“ und „Die lustigen Weiber von Windsor“ dem Genre Operette neues Leben eingehaucht. Schrill und bunt waren ihre Devise. Doch davon ist in dieser Inszenierung wenig geblieben.

Das liegt auch an der mangelnden Abstimmung zwischen Ensemble und Loh-Orchester. Über weite Strecken sind die Sängerinnen und Sängern schlicht und einfach nicht zu verstehen. Da der gesungene Text in einer Operette durchaus Handlungsträger ist, geht jede Menge an Verständnis verloren und manche Wendung kommt unverhofft. Zudem braucht es zwei Duette, bis Amelie Petrich in der Rolle der Julia und Kyounghan Seo als Roderich stimmlich zueinandergefunden haben.

Einfache, aber stimmige Choreographie

Immerhin kann man auf Henning Ehlert als musikalischen Leiter bauen. In dieser Mischung aus Couplet, Walzer und Marsch legt er das ein oder andere Arrangement vor, das swingt. Gepaart mit der einfachen, aber stimmigen Choreographie von Eva Kuperian wird in vielen Szenen der Geist der vergangenen Musikrevuen lebendig. Das sind die Highlights dieser Inszenierung.

Thomas Kohl und Anja Daniela Wagner in den Rollen von Onkel und Tante Kuhbrot. Die beiden Routiniers wirken eingespielt wie ein altes Ehepaar. Dafür bringen sie als Sangeskünstler erstaunlich viel schauspielerisches Talent mit. Marian Kalus überrascht in der Rolle des Egon von Wildenhagen geradezu mit komödiantischer Begabung. Trotzdem schaffen sie es nicht, dieser Operette den Schwung einzuhauchen, die sie verdient hätte.

Altbackener Plot, aber stimmige Absurditäten

Das liegt auch daran, dass der Plot einfach altbacken ist. Man merkt der Geschichte aus der Feder von Eduard Künneke die 100 Jahre, die sie auf dem Buckel hat, deutlich an. Eine junge Frau kurz vor der Volljährigkeit mit drei Verehrern und einem Onkel, der als Vormund dafür sorgen will, dass das Geld in der Familie bleibt, ist von der Lebensrealität des heutigen Publikums weit entfernt. Die Distanz wird mit Verweisen auf Quarantäneregeln und Hantieren mit Surfbrettern auch nicht verkürzt. Nur in einzelnen Szenen blitzt Leistenschneiders Gespür für stimmige Absurditäten auf. Dabei könnte diese Operette wesentlich mehr davon vertragen.