Göttingen. Die vierte „Nacht des Wissens“ lockte 25.000 Besucher sieben Stunden lang an 25 Standorte in Göttingen.

Der Wissenshunger war riesig, das Angebot und der Andrang auch: Mehr als 25.000 Interessierte haben nach Angaben der Universität am Samstag die Veranstaltungen der vierten Göttinger Nacht des Wissens besucht. Veranstalter und Besucher waren schier begeistert. Und manch einem ging zu später Stunde ein Licht auf.

„Wir freuen uns sehr, dass bei der vierten Nacht des Wissens wieder so viele Göttingerinnen und Göttinger die Gelegenheit genutzt haben, einen Blick hinter die Kulissen der Forschungseinrichtungen zu werfen“, sagte Universitätspräsidentin Ulrike Beisiegel. „Ich bedanke mich bei unseren Partnern, deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit großem Einsatz mitgeholfen haben, auch die vierte Göttinger Nacht des Wissens zu einem solchen Erfolg zu machen.“ Beisiegel eröffnete um 17 Uhr gemeinsam mit Sami Solanki, dem Direktor des Göttinger Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung, am Nordcampus den Veranstaltungsmarathon.

370 Veranstaltungen insgesamt

Die Besucher hatten die Gelegenheit von 17 bis 24 Uhr an mehr als 25 Standorten im Stadtgebiet zwischen 370 Veranstaltungen zu wählen – zum Beispiel Science Slams, Vorträge, Mitmachaktionen, Führungen, Workshops, Filme, Experimente und interaktive Präsentationen. Die Sartorius AG als Partner des Göttingen Campus war zum ersten Mal dabei, genau wie das Freigeist Hotel Göttingen als künftiger Nachbar des geplanten Forum Wissen. Alle Veranstaltungsorte waren durch einen kostenlosen Bus-Shuttle miteinander verbunden.

Bereits kurz vor der Eröffnung der Nacht des Wissens um 17 Uhr gab es am Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) kaum noch Parkplätze, und die Besucher strömten in den weitläufigen Ausstellungsbereich im Erdgeschoss und im ersten Stock des Gebäudes. Besonders das Thema der Raumfahrt begeisterte Kinder und Erwachsene. Bei den Science Shows erklärten Mitarbeiter und Studierende vor allem Kindern, wie Forschung funktionieren kann. Manuel Reinhardt und Valentin Bickel beispielsweise schickten einen Mars-Rover über eine Geoplatte und ließen sich von Kindern sagen, wohin sie steuern sollten.

In der UMG wurde der Abend mit einem Pianokonzert von Joe Pentzlin und Gregor Kilian eingeläutet. Sie füllten das Foyer mit Musik, auch am DaVinci-OP-Roboter hörte man diese noch. Die Warteschlangen für einen Selbstversuch am Roboter waren stets lang. Daneben tummelten sich die Besucher am Infostand und fragten nach dem Weg in die Osthalle. Die Osthalle beherbergte das stark vergrößerte Ohr-Modell. Kinder und Erwachsene ließen sich hier Hammer, Amboss und Steigbügel am zwei Meter hohen Modell zeigen. Sandra Pagel und ihre Tochter Lisa-Marie versuchten sich daneben am Dosentelefon. „Da kann ich meinem Kind mal zeigen, mit was wir früher so gespielt haben“, sagte die Nörten-Hardenbergerin.

Enormer Informationshunger

„Das Interesse und die Neugierde der Besucher waren enorm“, sagte Heyo K. Kroemer, Sprecher des Vorstandes der UMG und Dekan der Medizinischen Fakultät. „Diese Wissensnacht am Campus Göttingen ist ein überzeugendes Format. Es scheint so, dass es einen enormen Informationshunger für Themen aus der medizinischen Forschung und ihrer direkten Anwendung für die Patienten gibt“, so Kroemer.

Am Kulturwissenschaftlichen Zentrum konnten sich Interessierte in sumerischer Keilschrift versuchen: Zuerst musste ein Klumpen aus Ton zu einer flachen Scheibe geformt werden, danach konnten nach Vorlagen mit einem Holzstäbchen Schriftzeichen der 5.000 Jahre alten Keilschrift hineingedrückt werden. Auch der „Kommunikationskasten“ erfreute sich Beliebtheit: Bei diesem konnten Besucher erleben, wie schwierig Lippenlesen sein kann.

Im Zentralen Hörsaal-Gebäude war eine große Show-Bühne aufgebaut, hier führten unter anderem eine Tanz- und eine Musikgruppe der nepalesischen Gesellschaft Göttingens traditionelle Tänze und Gesänge aus dem asiatischen Land vor. Über eine angeregte Diskussion konnte sich das Soziologische Forschungsinstitut Sofi freuen: Hier debattierten Besucher über die Frage, ob der Zusammenhalt in unserer Gesellschaft abnimmt und woran das liegen könnte. Zuvor hatte das SOFI eine Umfrage unter Besuchern der Nacht des Wissens durchgeführt. Das Ergebnis: Mehr als 60 Prozent empfinden den gesellschaftlichen Zusammenhalt als schwach.

Virtuelle Realität

Wer einmal in eine virtuelle Realität abtauchen wollte, hatte dazu bei einem Test des Instituts für Informatik die Chance. Ein Teilnehmer war der elfjährige Manuel. Er trug eine Virtual-Reality-Brille und versuchte, Objekte im virtuellen Raum in die dazugehörigen Öffnungen zu legen. Gar nicht so einfach, fand der Elfjährige. „Aber es hat echt Spaß gemacht“, sagte Manuel. Ziel des Tests sei die Erprobung von alternativen Interaktionsmethoden im virtuellen Raum: „Wir erforschen, wie man in einer virtuellen Realität möglichst natürlich mit Objekten umgehen kann“, erläuterte Patrick Harms, Leiter des Forschungsschwerpunkts Usability-Engeneering am Institut für Informatik.

Publikumsmagnet

Am Institut für Geografie konnten Besucher an einem Quiz teilnehmen: Wer erriet die Stadt? Auf einem Monitor tauchen verpixelte Satellitenfotos von Orten auf. Die Spieler musste den richtigen Ort aus vorgeschlagenen Antworten erraten. Außerdem konnten Interessierte eine eigene Landkarte aus Sand erschaffen: Bei „AR-Sandbox“ mussten dafür nur Sand aufgeschüttet oder Löcher gegraben werden. „Es ist natürlich ein Publikumsmagnet, außerdem kann man Kindern Geomorphologie und Geologie näher bringen“, erläuterte Jan Tomasek, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Strukturgeologie.

Bei Sartorius durften Besucher auf die Jagd nach dem perfekten Popcorn gehen: Durch Wahl von Temperatur, Zeit in der Mikrowelle und Zuckeranteil konnten sie an über zehn Mikrowellen ihr Glück versuchen. Die etwas andere Postkarte gestalteten Besucher am Stand mit den Feuchtemessgeräten. Dort wurden Blumen ausgesucht und mit Mikrowellen getrocknet, um sie auf das Papier zu bringen.

Auf den Sartorius-Campus kamen sogar ehemalige Mitarbeiter. „Ich habe hier zehn Jahre gearbeitet“, erzählte Sandra Koch am Eingang. Vorher hatte sie die UMG besucht. „Mehr schafft man aber einfach nicht, es sind so viele Standorte und gar nicht so viel Zeit.“