Osterode. Nicholas Milton, Chef des Göttinger Symphonie Orchesters, spricht im Interview über Dramatik, Romantik – und Techno.

Seit dem 1. August ist Nicholas Milton Chefdirigent und Künstlerischer Leiter des Göttinger Symphonie Orchesters (GSO). Am Sonntag stellt er sich mit einem Konzert in der Stadthalle Osterode vor. Wir sprachen mit ihm über Musik als universale Kraft und über Kultur in der Provinz.

Herr Milton, wie liefen die Proben für das Konzert in Osterode?

Im GSO herrscht eine wunderbare Atmosphäre. In den letzten 10 Jahren habe ich schon häufiger mit dem Orchester gearbeitet. Aber nun als Chef ist die Situation eine andere. Jetzt kann ich zeigen, wie ich mir die Arbeit vorstelle, und welche Art, Musik zu spielen ich mir vorstelle. Das Orchester und ich, wir sind am Beginn einer langen Reise, die heute schon einmal gut gestartet ist.

Was hat sie dazu bewogen, sich in Göttingen zu bewerben?

Das GSO ist ein kleines Orchester, aber es hat viel Esprit. Wie gesagt, ich kenne das Ensemble seit 10 Jahren und seine wunderbare Stimmung begeistert mich immer wieder. Das GSO zeichnet sich durch eine große Offenheit und durch ein großes Engagement seiner Mitglieder aus. Alle Künstler arbeiten daran, meine Vorstellungen in musikalische Realität umzusetzen. Die Chemie zwischen uns stimmt.

In Osterode eröffnen Sie eine neue Reihe. Sind Sie besonders gespannt?

Ich möchte das Publikum im Harz als neues Mitglied für die GSO-Familie gewinnen. Ich möchte hier alle Möglichkeiten unseres Ensembles zeigen. Jedes der vier Programme hat einen anderen Schwerpunkt und damit hat die Reihe eine eigene Dramatik und zeigt eine eigenständige Entwicklung. Für uns ist die Stadthalle Osterode ein Juwel und das möchten wir deutlich machen.

Bisher waren Sie in den großen Städten dieser Welt tätig, nun in der Provinz. Welche Rolle spielt Kultur auf dem flachen Lande?

Musik ist eine universelle Kraft und die höchste aller Künste. Somit ist es egal, wo sie stattfindet – ob in den Metropolen oder auf dem flachen Land, wie Sie sagen, überall öffnet Musik die Seelen.

Solist ist am Sonntag Daniel Müller-Schott. Haben Sie schon mit ihm zusammengearbeitet?

Schon häufiger, und das Konzert am Sonntag ist der Abschluss einer dreiteiligen Reihe in diesem Jahr. Er ist nicht nur ein guter Freund von mir, sondern auch der beste Cellist unserer Zeit mit einem einmaligen Verständnis von Musik. Daniel ist in der Lage, eine eigene Welt mit unglaublich vielen Farben zu erschaffen. Das Cello-Konzert von Elgar habe ich in meinem Leben schon dutzendfach gehört. Doch als Daniel es gespielt hat, war es eine Offenbarung. Er hat seine eigene Interpretation geliefert und blieb trotzdem unglaublich treu zur Partitur.

Das Cello-Konzert von Dvorák ist eines der schönsten seiner Art und durchaus anspruchsvoll. Daniel Müller-Schott ist damit der richtige Mann am richtigen Platz.

Im Rahmen der niedersächsischen Musiktage sind Sie am kommenden Samstag zu Gast am Rammelsberg. Sehen Sie das als Auszeichnung?

Sowohl das GSO als auch ich sind schon mehrfach bei den Musiktagen aufgetreten. Ohne Frage sind sie das wichtigste Festival im Norden, deswegen ist es durchaus ein deutliches Zeichen, dass wir auch in diesem Jahr hier wieder zu Gast sind und dieses Mal sogar gemeinsam. Das spricht für unsere ungewöhnliche Virtuosität.

Nur die Spielstätte am Rammelsberg kenne ich noch nicht. Ich werde aber am Rammelsberg eine Klangprobe machen. Für das Programm in Goslar ist nämlich die Position des Schlagzeugs von entscheidender Bedeutung.

Am Sonntag gibt es viel Romantik mit Dvorák und Brahms. Am kommenden Samstag in Goslar den recht technischen Mossolov. Wie schafft ein Orchester solch ein Kontrastprogramm?

Für ein gutes Ensemble ist das kein Problem. Zudem habe ich ja schon davon gesprochen, dass sich das GSO durch eine außergewöhnliche Flexibilität auszeichnet. Die beiden Konzerte sind kein Kontrastprogramm. Ich sehe sie als einen musikalischen Prozess mit einer eigenen Dramaturgie. Wir starten mit Beethoven an der Grenze von Klassik und Romantik, bewegen uns mit Brahms und Dvorák in der Hochromantik und enden mit Mossolov am Übergang zum technischen Zeitalter. Der Kontrast liegt in den Stimmungen. Beethoven beginnt im hoffnungsvollen C-Dur, bei Tschaikowsky steigert sich das bis zur Euphorie. Das Werk von Sibelius ist da komplett anders. Es ist durch dunkle Stimmungen gekennzeichnet und Sibelius macht hier gewissermaßen die Stille zur Musik.

Das Konzert des GSO am Sonntag, 23. September, in der Stadthalle Osterode beginnt um 20 Uhr. Karten gibt es noch an der Abendkasse.