Duderstadt. Viel Stahl, viel Chrom: Zum 20. Mal waren beim Bikertag Hunderte Motorradfahrer im Eichsfeld unterwegs. Spenden gehen an das Elternhaus in Göttingen.

Motorradfahren für einen guten Zweck: Zum 20. Mal hat sich während des Eichsfelder Bikertags am Samstag eine lange Kolonne aus Zwei- und Dreirädern durch das Eichsfeld geschlängelt. Mit einem Besucherrekord und hehren Absichten.

„Meine Fresse“, entfährt es einer Passantin beim Anblick der nahezu endlos erscheinenden Reihen von Motorrädern. Von St. Cyriakus bis zur Unterkirche säumen sie die Fußgängerzone, dicht an dicht stehen schlanke Rennmaschinen, chromblitzende Chopper und luxuriöse Tourer, daneben auch Trikes und Quads. Die Biker hingegen sitzen auf sonnenbeschienenen Bierbänken vor dem Rathaus – Mittagspause nach der ersten Etappe, die sie von Bilshausen über Heiligenstadt nach Duderstadt geführt hat.

Für die 800 Teilnehmer beim Eichsfelder Bikertag gibt es Brötchen und Stracke und Zeit für Gespräche über Hubraumzahlen, Auspuffe und Ausfahrten. „Das ist mein erster Bikertag“, erzählt Lea Bruns. Mit ihrer Freundin Vanessa Mai ist sie am Morgen aus Celle nach Bilshausen gefahren. Jetzt ist sie begeistert. Von der Stimmung unter den Bikern. Und von der Stimmung im Eichsfeld. „Dass so viele an der Strecke stehen und winken, hätte ich nicht gedacht“, erzählt Mai.

20. Eichsfelder Bikertag. Ankunft und Essenausgabe in Duderstadt
20. Eichsfelder Bikertag. Ankunft und Essenausgabe in Duderstadt © Sören Kracht | Sören Kracht

Abseits der Bierbänke bei seinem Motorrad geblieben ist Norbert Wohlrab. Wohl auch, weil seine Maschine wie ein Magnet auf Schaulustige wirkt. „Honda Goldwing“ erklärt er mit einem Anflug von Stolz. Ein sogenannter Luxustourer. 430 Kilo schwer, wuchtig, bequeme Sitze und Gepäckfächer für mehrere Reisetaschen. All das in Schwarz, verziert mit reichlich Chromleisten und eine Frontpartie, die an Polizeimotorräder aus amerikanischen Fernsehserien der 1970er erinnert. 25 Alpenpässe hätten er und seine Frau damit im letzten Urlaub überquert, erzählt Wohlrab.

Claus Hupe bekommt von alledem wenig mit. In gelber Warnweste und Motorradstiefeln steht der schlanke 62-Jährige inmitten der Biker, ist im Kopf aber schon einen Schritt weiter. Als Organisator obliegt es ihm, die nächste Etappe einzuläuten, während ihn zugleich Sorgen plagen. Auf der ersten Etappe gab es Hupe zufolge einen leichten Unfall. Ein älterer Biker sei von der Straße abgekommen. Zwar schienen die Verletzungen laut Hupe nur leicht zu sein. „Der erste Unfall in 20 Jahren Bikertag“, ärgert er sich trotzdem.

Viel Zeit kann er auf solche Gedanken nicht verwenden: Die zweite Etappe steht an, mit einem Pfiff aus seiner Pfeife gibt Hupe das Signal zum Aufsitzen. Säuberlich reihen sich die Fahrer mit ihren Maschinen auf, gefahren wird in einer versetzten Zweierreihe, vorneweg und hinterher Motorradpolizisten. Und als die Motoren loswummern und Benzingeruch die Fußgängerzone erfüllt, wird klar, wie lang der Tross überhaupt ist: Neun Kilometer aus Chrom und Stahl sind an diesem Samstag durch das Eichsfeld gerollt.

Das Tagesziel ihrer etwa 130 Kilometer langen Tour: Das Freizeitgelände in Lindau. Hupe und sein Team aus 63 Ehrenamtlichen organisieren hier noch ein Konzert, RockSeven wird am Abend auftreten, dazu DJs. Und mittlerweile ist auch die Anspannung von Hupe abgefallen. Er erzählt, dass er beim Eichsfelder Bikertag künftig kürzer treten wolle, die Pfeife habe er bereits an den Nachwuchs abgegeben. Und er erzählt, wie der Bikertag entstanden ist: Als „spontane Idee“, um ein paar befreundeten Motorradfahrern das Eichsfeld zu zeigen. Dann sei die Idee aufgekommen, Spenden für das Elternhaus für das krebskranke Kind in Göttingen zu sammeln, schildert er weiter – als ein junges Mädchen sich von ihm verabschieden will.

20. Eichsfelder Bikertag. Ankunft in Duderstadt
20. Eichsfelder Bikertag. Ankunft in Duderstadt © Sören Kracht | Sören Kracht

Erinnerungen an Krankheit

Janine, die eigentlich anders heißt, ist begeistert von ihrer Fahrt im Beiwagen. Sie kennt die Biker, während einer Krebserkrankung seien sie ab und zu im Elternhaus vorbeigekommen und hätten die Kinder auf Ausfahrten mitgenommen. Mittlerweile ist Janine wieder gesund. „Ich muss jedes Mal auf der Strecke heulen“, gesteht ihre Mutter trotzdem angesichts der Erinnerungen an frühere Bikertage während Janines Erkrankungen und an die damalige Zeit im Elternhaus.

An diese Einrichtung spenden die Biker jährlich ihre Startgelder und einen Teil der Sponsoreneinnahmen. „Jetzt haben wir die Viertelmillion voll“, sagt Hupe nach dem 20. Bikertag.