Sondershausen. La Traviata, Giuseppe Verdis wohl beliebteste und am meisten gespielte Oper, feierte ihre Premiere bei den Thüringer Schlossfestspielen Sondershausen.

„La Traviata“, Giuseppe Verdis wohl beliebteste und am meisten gespielte Oper, feierte am Wochenende ihre Premiere im Rahmen der Thüringer Schlossfestspiele Sondershausen im Lustgarten. Weitere Vorstellungen folgen.

„La Traviata“ gehört neben „Rigoletto“ und „Troubadour“ zu der „Trilogia popolare“ genannten Serie von Opern, in denen Verdi sowohl musikalisch als auch inhaltlich Neuland betrat. In allen dieser drei tragischen Opern haben wir es nicht, wie damals in diesem Genre üblich, mit Herrschern oder anderen hochstehenden Persönlichkeiten als Protagonisten zu tun, sondern uns begegnen gesellschaftliche Außenseiter. Im „Rigoletto“ sind es der bucklige Hofnarr und seine Tochter, im „Troubadour“ eine Zigeunerin und ihr Sohn, und in „La Traviata“, der letzten Oper in dieser Serie und deren Höhepunkt, finden wir eine Kurtisane und ihren Liebhaber. Damit wandte sich Verdi in diesen drei Werken auch ab von eher patriotischen Stoffen.

Vorbild „Die Kameliendame“

Das literarische Vorbild ist das Theaterstück „Die Kameliendame“ von Alexandre Dumas, welches dieser 1852 schrieb. Verdis Librettist reduzierte nun das vielschichtige soziale Drama bei Dumas und fokussierte die Handlung für die Oper auf das Dreieck Violetta, Alfredo und dessen Vater Giorgio Germont.

Es passiert vergleichsweise wenig an äußerer Handlung; „La Traviata“ ist ein Seelendrama, in dem Verdi die großen Emotionen der drei Protagonisten mit einer fantastischen Musik beschreibt.

Violetta (ganz hervorragend Zinzi Frohwein) verdeutlicht dies, nachdem Alfredo Germont (ebenso hervorragend Kyounghan Seo) in ihr Leben tritt. Bisher hatte sie nur Liebhaber, aber Alfredos Liebe verändert etwas in ihr. Wie das Verdi musikalisch darstellt, ist überwältigend.

Die dramatischste Figur ist für mich Giorgio Germont, Alfredos Vater (Manos Kia). Germont hält die Verbindung zwischen seinem Sohn und Violetta für eine Mésalliance und versucht sie zu verhindern. Hier erweist sich wieder Verdis Meisterschaft in der musikalischen Schilderung der verschiedensten Stadien dieser Begegnung: Beginnend mit dem ungehörig herrischen Auftritt des Vaters, Violettas Aufbegehren, über ihre Verzweiflung und sein erwachendes Mitgefühl, bis hin zu ihrer resignierenden Zustimmung zu der geforderten Trennung und einem beinahe affirmativen „Addio“ , in dem die beiden sich musikalisch ergänzen.

Umzug in den Lustgarten

Da der Nordflügel des Schlosses einsturzgefährdet ist, sind die Aufführungen vom Schlosshof in den Lustgarten verlegt, den schönen großen Park an der anderen Seite des Schlosses. An der Schlosswand ist eine große breite Bühne aufgebaut, davor die Zuschauertribünen, die 870 Plätze fassen – mehr als der Schlosshof.

Auch für die Gastronomie ist nun mehr Platz: Das Orchester spielt hinter einem großen schwarzen Vorhang. Die elektronische Übertragung muss sicherlich noch verbessert werden, es fehlen einige Frequenzen. Die Solisten und der Chor singen dagegen gut verständlich. Eine Überkopfprojektion der deutschen Übersetzung erleichtert das Nachempfinden der Emotionen. Prof. Dr. Berend Willms