Braunschweig. Die Künstlerin hat in der Ausstellung „Doppellinien“ Schutzräume geschaffen. Weil die Seele gewärmt werden will.

Der Löwe ist los im Braunschweiger Kunstverein. Der Pinguin auch. Und es steppt der Bär. Bärbel Lange hat aus dem Haus Salves Hospes einen liebenswerten Zoo gemacht, einen Wohlfühlort der verspielten Art. Die Künstlerin erzählt in ihren Arbeiten von großen und kleinen Tieren, die Schutz suchen oder Schutz gewähren. Sie lebt ihren Traum vom Leben in Harmonie und Sicherheit auf anrührende Art und Weise aus.

„Doppellinien“ heißt die Ausstellung, die vom 16. März bis 2. Juni zu sehen ist. „Die Doppellinie bedeutet das Innenleben. Die Seele. Dass die auch gewärmt sind. Außen ist das Fell. Dickes Fell. Dass das auch schützt“, sagt die Künstlerin.

Jule Hillgärtner, Direktorin des Kunstvereins Braunschweig, sagt: „Auch der Kunstverein soll ein inklusiver Ort werden.“
Jule Hillgärtner, Direktorin des Kunstvereins Braunschweig, sagt: „Auch der Kunstverein soll ein inklusiver Ort werden.“ © Kunstverein | Stefan Stark

Bärbel Lange, geboren 1964 in Bad Segeberg, ist seit 2014 Künstlerin im Atelier des Kunsthauses KAT18 in Köln, dessen Zielgruppe Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung sind. Wer dort mitmischen will, muss große Begabung und Leidenschaft, Originalität und Ausdauer mitbringen.

Bärbel Lange zeigt im Kunstverein Braunschweig tierische Arbeiten auf Malervlies. 
Bärbel Lange zeigt im Kunstverein Braunschweig tierische Arbeiten auf Malervlies.  © Ann Claire | ANN CLAIRE RICHTER

Bärbel Lange ist auch Mitglied der Künstlergruppe X-SÜD, in der sie zu den Themen Kunst, Inklusion und Stadtentwicklung arbeitet. Mit den Architekten vom „raumlaborberlin“ befasst sie sich zudem mit der Planung und Umsetzung des inklusiven Kunsthauses Kalk in Köln. Die Ausstellung in Braunschweig zeigt ein Modell des Gebäudes, in dem Künstlerinnen und Künstler mit und ohne Behinderung zusammen arbeiten sollen – inklusives Wohnen inklusive.

Das Kunsthaus soll Produktionsstätte mit Ateliers und Werkstätten und einer Akademie als neuem inklusiven Bildungsort werden. Das von mehrern Künstlern gestaltete detailfreudige Modell ist Ausdruck einer Vision, die von einer kreativen, gemeinschaftlichen Zukunft kündet. „Es ist noch ein langer Weg“, betont Braunschweigs Kunstvereins-Direktorin Jule Hillgärtner, „aber auch der Kunstverein soll ein inklusiver Ort werden“.

Bärbel Lange: Schlangentor.
Bärbel Lange: Schlangentor. © Kunstverein | Robert Kunstmann

Raum um Raum hat Bärbel Lange angefüllt mit ihren raffinierten Zeichnungen, die wie von Kinderhand daherkommen. Reiche Bildwelten steckten in ihr drin, meint Kunsthaus-Leiterin Jutta Pöstges. „Ihre Wesen kommunizieren durch eine direkte intensive Schönheit. Bärbel Langes Formensprache ist einfach, dennoch überraschend“, heißt es in der Ausstellungsbeschreibung.

Im Eingangsbereich des Kunstvereins baumelt ein großes Mobile, an dem die Tierwelt schwebend umeinandertanzt. Eine Gemeinschaft, in der jeder seinen Platz hat. Die Tiere sind auf Filz gemalt. Bärbel Lange hat auch das Malervlies für sich entdeckt. In einem Raum reihen sich Bahnen von bemalten Teppichen auf Tischen aneinander: Schlangen und Bären und allerlei anderes Getier.

Einst hatte sie eine Rolle Vlies im Müllcontainer entdeckt. Tiptop in Ordnung, zu schade zum Wegschmeißen. Seitdem ist das raue Material mit seiner unebenen Oberfläche für sie zur kreativen Spielwiese geworden. Vieles malt sie aus dem Gedächtnis, doch sie liebt es auch, sich Tierdokus anzuschauen, um die Eigenarten der Kreaturen besser zu verstehen.

Ein Bär im Scherenschnitt von Bärbel Lange.
Ein Bär im Scherenschnitt von Bärbel Lange. © Kunstverein | Enno Jaekel

In der Remise wird demnächst nach einer Zeichnung von Bärbel Lange eine große Skulptur aus Metall entstehen. Zu gegebener Zeit wird auch eine Tätowiererin erwartet, die Motive der Künstlerin auf die Haut stechen wird. Termine werden noch bekannt gegeben.

Einen Raum teilt sich Bärbel Lange mit dem Künstler Firat Tagal. Die beiden haben eine Tafel gestaltet, die zum fröhlichen Mahl einlädt. Tagal hat die Tischdecke bemalt, Kollegin Lange das Geschirr mit ihren Motiven veredelt.

Der Kunstverein kooperiert bei der Ausstellung erneut mit dem Atelier Geyso20, das sich als Ort künstlerischer Produktion versteht, an dem Menschen mit Beeinträchtigungen den Freiraum haben, ihre eigene Bild- und Formensprache weiter zu entwickeln und ihren künstlerischen Themen nachzugehen. So werden zwei kostenlose Tandem-Führungen angeboten, an denen jeweils ein Vertreter des Vermittlungsteams des Kunstvereins und ein Künstler aus dem Atelier Geyso20 gemeinsam durch die Villa Salve Hospes und die Remise führen (28. März sowie 25. April, jeweils 18 Uhr).

„Wer in Partylaune ist, muss unbedingt zur Eröffnung kommen!“, lädt Jule Hillgärtner zur fröhlichen Feier ins Haus Salve Hospes ein. Es wird ihre letzte Vernissage als Direktorin sein. Sie wechselt an die Technische Universität und wird dort das „Science and Art Lab“ aufbauen. Wer ihr nachfolgen soll, wird derzeit in Bewerbungsgesprächen geklärt. Eröffnung von „Doppellinien“ ist am Freitag, 15. März, um 19 Uhr. Weitere Informationen unter kunstvereinbraunschweig.de

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