Braunschweig. Henning Bundies geht im Juni mit der zweiten Ausgabe des Festivals „Braunschweig Barock“ an den Start. Konzerte vom Floß, in Kirche und Schloss.

Mit der Rückmeldung ist Henning Bundies zufrieden, bei der Zuschauerauslastung ist noch viel Luft nach oben: Die erste Ausgabe von „Braunschweig Barock“ wertet der Cellist und neue Festivalleiter als Erfolg: „Das Konzept, das Augenmerk auf unsere regionale Barock-Vergangenheit zu richten, ist aufgegangen und hat viele neugierige Menschen gefunden“, sagt er im Vorgespräch zur zweiten Festivalausgabe, die vom 1. bis 4. Juni in Braunschweig und Salzgitter-Salder stattfinden wird.

Im unter Coronabedingungen gestemmten Festivalsommer 2022 habe er noch eine gewisse Zurückhaltung bei potentiellen Zuschauern gespürt, mit einem besonders bunten Programm will er nun noch mehr Interessenten finden. Dabei setzt er auf drei haptische Zugänge zur Barockmusik, die ihm als Motto der Konzerte dienen.

Vier Cembalisten in einem Konzert

Festivalleiter Henning Bundies.
Festivalleiter Henning Bundies. © Andreas Berger | Andreas Berger

Ums „Ertasten“ geht es im Auftaktkonzert am 1. Juni in der Braunschweiger Magnikirche, die auch wieder Probenzentrum des für das Festival gebildeten Projektorchesters aus Spezialisten Alter Musik ist. Zu Gehör gebracht wird das aufgrund seiner Besetzung selten gespielte Konzert für vier Cembali und Orchester von Johann Sebastian Bach. „Vier Cembalisten muss man erst mal zusammenkriegen“, sagt Bundies stolz. Und damit des Ertastens kein Ende wird, hat er Händels Konzert für Orgel und Orchester, d-Moll, gleich dazubestellt.

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Außerdem präsentiert er ein seltenes Instrument, die Nyckelharpa. „Das ist eine Art Geige, die auch mit dem Bogen gestrichen wird, allerdings werden die Saiten nicht mit den Fingern, sondern per Tasten verkürzt, um die Töne herzustellen. Das Instrument wird viel in der skandinavischen Folklore genutzt“, erläutert Bundies. Immerhin, Michael Praetorius, der Wolfenbütteler Hofkapellmeister, hat das Instrument in seinem „Syntagma musicum“ erwähnt. Der Spezialist Marco Ambrosini wird damit den Part der einen von zwei Geigen in Bachs Doppelkonzert BWV 1043 übernehmen und das Instrument in Ludvig Mathias Lindemans norwegischen „Fjeldmelodien“ vorstellen.

Wolfenbütteler Beziehungen nach Venedig

Das Konzert „Erspüren“ am 3. Juni in Braunschweigs Martinikirche ist dann ganz den regionalen Barockgrößen gewidmet. „Und die standen damals in einem internationalen Netzwerk, der braunschweig-wolfenbüttelsche Hof war musikalisch stets hochgradig versorgt“, erinnert Bundies. Neben Praetorius, der auch in Dresden wirkte, werden seine Wolfenbütteler Kapellmeisterkollegen Johann Rosenmüller und Johann Gottfried Schwanberger mit Werken gewürdigt, die italienische Erfahrungen mitbrachten.

Während der Wolfenbütteler Schwanberger von seinem Fürsten ausdrücklich zu Studien nach Venedig geschickt wurde, war der Leipziger Thomasorganist Rosenmüller nach einem Skandal um sexuelle Beziehungen zu Thomanern nach Italien geflohen, wo er sich musikalisch vervollkommnete und zu hohem Ansehen kam. Nach 24 Jahren in Venedig wechselte er zum Lebensende noch nach Wolfenbüttel.

Barockmusik zum Mittanzen

Mit der Sinfonie D-Dur von Friedrich Gottlob Fleischer steht in der Martinikirche ein Werk ihres ehemaligen Organisten (und Musiklehrers Prinzessin Anna Amalias) auf dem Programm.

Mit „Erleben“ überschreibt Bundies das Abschlusskonzert am 4. Juni in St. Magni, in dem Werke einst in Braunschweig wirkender Komponisten wie Georg Caspar Schürmann, Johann Sigismund Kusser und des bereits romantischen Kollegen Louis Spohr erklingen. Neben Opern-Arien ist dabei auch tanzbare Musik zu hören, die an die Tradition des nicht nur in Versailles selbst tanzenden Hofes erinnern soll. Bundies: „Wir bieten zuvor einen Workshop zu barockem Tanz an, so dass die Zuschauer auch explizit aufgefordert sind, hier unter Anleitung barocke Tanzmusik selbst mitzuerleben, nämlich zu tanzen.“

Probleme von Vätern und Söhnen

Ergänzt wird dieser Konzert-Dreisprung durch ein Kinderkonzert am 3. Juni, 11 Uhr in St. Magni mit u.a. Leopold Mozarts „Kindersinfonie“ und der „Wassermusik auf der Oker“ am 3. Juni, 15 Uhr, bei dem Händels Wassermusik, Telemanns „Hamburger Ebb’ und Fluth“ und eine von Bundies selbst komponierte „Folia“ vom Floß aus zu den Picknickenden im Museumspark herüberklingen.

20.000 Kinder machen die große Singewelle in Braunschweig

Ein Gastspiel im Fürstensaal des Schlosses Salder am 2. Juni ist dem dort residierenden Sohn Herzog Anton Ulrichs, August Wilhelm, gewidmet, der im Clinch mit dem Vater lag. „In unserem Konzert ,Väter’ spielen wir Musik von Vätern oder Söhnen, die es nicht so leicht mit ihren Vor- oder Nachfahren hatten“, so Bundies. Sei es ein Übervater wie Johann Sebastian Bach, sei es ein drangsalierter Sohn wie Wolfgang Amadeus Mozart, der umso heftiger rebellierte.

Programm unter www.braunschweigbarock.de. Karten u.a. unter www.konzertkasse.de und Telefon (0531) 16606.