Peine. Kreislandwirt Wilfried Henties berichtet von den Entschädigungs-Verhandlungen zur Ostniedersachsen-Stromleitung und redet Klartext.

Für den Übertragungsnetzbetreiber Tennet ist es ein Grund zum Jubeln, für den Peiner Kreislandwirt Wilfried Henties ist es eher ein „unabänderliches Übel“: Für den Bau der Ostniedersachsenleitung – einer oberirdischen 380-Kilovolt-Höchststromleitung – von der Elbe bei Geesthacht (Schleswig-Holstein) bis zum Umspannwerk in Wahle hat der niederländische Konzern mit allen sechs betroffenen Landvolk-Kreisverbänden eine Rahmenvereinbarung unterzeichnet.

Von nahe Geesthacht (Schleswig-Holstein) nach Wahle führt die Ostniedersachsenleitung – hier nur der Abschnitt im Peiner Kreisgebiet.
Von nahe Geesthacht (Schleswig-Holstein) nach Wahle führt die Ostniedersachsenleitung – hier nur der Abschnitt im Peiner Kreisgebiet. © FMN | Jürgen Runo

Diese Vereinbarung regelt laut Mark Fischer, Tennet-Referent für Bürgerbeteiligung, Entschädigungs- und Ausgleichszahlungen an die Grundbesitzer (Landwirte), auf deren Gelände Strommasten aufgebaut werden. „Sie leistet damit einen wesentlichen Beitrag zur Akzeptanz sowie zum beschleunigten Netzausbau“, ist sich Fischer sicher. Unterzeichnet haben die Landvolk-Kreisverbände Lüneburger Heide, Celle, Gifhorn und das Landvolk Hannover, das Landvolk Braunschweiger Land (zu ihm gehört der Kreis Peine) sowie der Bauernverband Nordostniedersachsen.

Entschädigungen – „Zwei Dampfloks fahren aufeinander zu“

Auch wenn es zur Einigung gekommen ist – von einem Schmusekurs zwischen Tennet und Landwirtschaftsvertretungen kann keine Rede sein. Henties, seinerzeit bei den Verhandlungen als stellvertretender Braunschweiger Landvolksvorsitzender dabei, erklärt vielmehr, beide Seiten hätten mit „harten Bandgagen“ verhandelt: „Zwei Dampfloks sind aufeinander zu gefahren, doch bevor es zum Zusammenstoß gekommen ist, haben wir es hinbekommen“, beschreibt Henties anschaulich. Er ist inzwischen nur Peiner Kreislandwirt und nicht mehr Vize im Landvolk.

Trotz dieser Vereinbarung sei wohl kein Landwirt „amused“ (amüsiert/erfreut) über den Bau einer weiteren Stromleitung (Ostniedersachsenleitung) im Kreis Peine. Aber die Mehrheit der deutschen Gesellschaft wolle die Energiewende mit dem Aus für Atomkraftwerke, und die Folge seien Leitungen, um den Strom aus erneuerbaren Energien (Wind) vom Norden in den Süden zu bekommen.

Keine wiederkehrenden Entschädigungszahlungen

Henties zufolge hat sich das Landvolk in den Verhandlungen „mehrfach“ vom Tisch entfernt, letztlich habe es aber dann doch eine Einigung bei der Entschädigung gegeben. Die Tennet baue und arbeite unter gewissem „Zeitdruck“, denn bei ihren Vorhaben (Leitungen, Schaltanlage) müsse sie bestimmte Zeitschienen einhalten. „Wiederkehrende Entschädigungszahlungen haben wir aber nicht durchsetzen können“, meint Henties – also sind es nun Einmalzahlungen.

Peines Kreislandwirt Wilfried Henties aus Oberg.
Peines Kreislandwirt Wilfried Henties aus Oberg. © Jörg Kleinert | Jörg Kleinert

Der Kreislandwirt erinnert, bei der Energiewende profitierten Landwirte bei Windenergie- und Photovoltaik-Freiflächenanlagen auf ihren Ackerflächen – da müsse man Strommasten ein Stück weit ertragen. „Immerhin können wir unter den Stromleitungen noch durchfahren“, setzt Henties hinzu. Solche Freileitungen hält er aus Sicht der Landwirtschaft für besser als unterirdische Leitungen, wie sie etwa bei der Sauerstoffleitung von Peine nach Salzgitter geplant sei. So sind für Erdleitungen/Erdverkabelungen enorme Erdbewegungen erforderlich.

Grundlage für weitere Entschädigungsprojekte

Der Bund hat TenneT beauftragt, die bestehende 140 Kilometer lange 380-Kilovolt-Stromleitung nahe Geesthacht bis nach Wahle mit besagter neuen Leitung (Parallelneubau) zu verstärken (Bündelungsgebot). Mit der geplanten ebenfalls 380-Kilovolt-Freileitung (Ostniedersachsenleitung) sei die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien in der Region sicherzustellen und die Übertragungskapazität von Nord nach Süd zu erhöhen, fasst Fischer zusammen.

Die Rahmenvereinbarung für die Ostniedersachsenleitung basiert auf einer Musterrahmenvereinbarung, die Tennet mit dem Landvolk-Landesverband abgeschlossen hat. Sie bilde die Grundlage für eine Vielzahl von Erdkabel- und Freileitungen in Niedersachsen. Denn klar ist: Die Ostniedersachsenleitung, die außer die Gemeinde Vechelde auch Wendeburg und Edemissen berührt, ist nicht die erste und wird nicht die letzte Stromleitung sein, die durch den Landkreis Peine führt.

Informationen zur Ostniedersachsenleitung gibt es auf der Tennet-Projektwebseite unter www.tennet.eu/onil im Internet.

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