Braunschweig. Reformation kinderleicht erklärt: Vor 500 Jahren kritisiert Luther die Verhältnisse in der katholischen Kirche und verändert so den Glauben.

Schöner und größer als alles bisher Dagewesene sollte der neue Kirchenbau werden. Das hatte sich der Papst, der vor über 500 Jahren an der Spitze der katholischen Kirche stand, fest vorgenommen. Doch so ein Bauwerk kostet Geld – sehr viel Geld sogar. Mehr, als der Papst besessen hat. Wie also den Bau finanzieren?

Der Papst hatte eine Idee: Die Gläubigen sollten Geld bezahlen, damit ihnen ihre Sünden vor Gott erlassen werden. Dafür erhalten sie eine Bescheinigung, den sogenannten Ablass-Brief. Die Menschen im Mittelalter hatten große Angst vor dem höllenartigen Fegefeuer, in das sie ihre Sünden bringen würden. Das nutzte der Papst aus: Er bekam das Geld für seinen Kirchenbau und die Leute verkürzten ihre Zeit im Fegefeuer. So kam genügend Geld für die neue große Kirche zusammen. Es gibt sie heute noch: Es ist der berühmte Petersdom in Rom.

Doch nicht jeder war mit dem Ablass-Handel einverstanden. Viele Menschen waren der Meinung: Geld reicht nicht aus, um für seine Sünden zu sühnen. Nur Reue und die Vergebung Gottes schaffen das. Einer von ihnen war Martin Luther – ein Mann aus Eisleben im östlichen Harzvorland.

Was ist so besonders an Martin Luther?

Ein Unwetter ist wohl schuld daran, dass sich Martin Luther ganz dem christlichen Glauben verschrieben hat. Als junger Mann geriet er in ein schweres Gewitter. Seine Angst vor den grellen Blitzen war so groß, dass er versprach: „Wenn ich überlebe, werde ich Mönch.“ Und so geschah es: Luther trat mit 22 Jahren einem Orden in Erfurt bei. Dort erfuhr er viel von Gott, dem Glauben und der christlichen Lehre.

Und er merkte: Die meisten Kirchenvertreter hielten sich ganz und gar nicht an die Regeln. Sie sorgten sich nicht um die Menschen, sondern verprassten Geld und lebten unanständig. Martin Luther ärgerte sich – und er beschloss, etwas dagegen zu unternehmen. Seine Kritik schrieb er auf – und löste damit die sogenannte Reformation aus.

Was ist die Reformation genau?

95 Punkte umfasste die Schrift, die die bestehenden Verhältnisse im 16. Jahrhundert zu Fall brachte. In ihr hielt Martin Luther fest, was er an der katholischen Kirche nicht gut fand – und wie die Kirche seiner Meinung nach sein sollte: nicht mit dem Fegefeuer drohend, sondern den gnädigen Gott verkündend und dem Wohl der Gläubigen zugewandt.

Viele Menschen haben Luthers Thesen gelesen. Sie fanden: Er hat recht. Und sie fingen an, den christlichen Glauben neu zu verstehen. Damit begann die sogenannte Reformation. Das ist ein anderes Wort für Erneuerung. Die Reformation umfasst den Zeitraum von 1517 bis 1648, in dem die evangelische Kirche entstanden ist.

Wieso feiern wir die Reformation in diesem Jahr besonders?

Martin Luther hat seine 95 Thesen am 31. Oktober 1517 veröffentlicht – genau vor 500 Jahren. Darum ist in diesem Jahr Jubiläum. In einigen Bundesländern ist der 31. Oktober immer ein Feiertag. Zum Jubiläum haben in diesem Jahr alle Menschen in Deutschland frei. Der Grund: Sie sollen sich an den Wandel erinnern, den die Reformation gebracht hat.

Wie ging es nach den 95 Thesen weiter?

Martin Luthers Ansichten verbreiteten sich schnell. Seine Freunde leiteten seine Schriften weiter und teilten sie mit anderen. Solange, bis auch der Papst und der Kaiser darauf aufmerksam wurden. Den Mächtigen gefielen die Lehren Luthers überhaupt nicht. Sie fürchteten um ihre Macht und ihren Einfluss. Deshalb warfen sie Luther aus der Kirche und forderten, dass er seine Meinung in aller Öffentlichkeit zurücknehmen muss.

Als Schauplatz sollte der Reichstag zu Worms dienen – hier waren fast alle Mächtigen der damaligen Zeit versammelt. Doch Luther dachte nicht daran, seine Einstellung zu ändern – Inschriften zufolge sagte er: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir, Amen.“

Wie hat die Kirche auf den unbeugsamen Luther reagiert?

Was für ein widerspenstiger Mönch! Nach dem Reichstag reichte es dem Papst und dem Kaiser: Sie belegten Luther mit einem Bann. Danach war es verboten, Luthers Schriften zu verbreiten. Niemand durfte ihm mehr helfen. Den Menschen war sogar erlaubt, Luther zu töten, ohne eine Strafe fürchten zu müssen. Er befand sich also in großer Gefahr.

Das erkannten auch Luthers Unterstützer. Mit einer List brachten sie ihn in Sicherheit: Auf einer Reise entführten sie ihn und schafften ihn heimlich auf die Wartburg bei Eisenach. Dort lebte Luther versteckt unter dem Namen Junker Jörg.

Aber was tun, den ganzen Tag auf einer Burg? Martin Luther hatte eine Idee: Im 16. Jahrhundert waren die meisten Kirchentexte auf Latein verfasst. Das ist die Sprache der alten Römer. Fast niemand beherrschte diese Sprache. Deshalb verstanden die meisten Menschen nicht viel von dem, was die Kirchenmänner ihnen lehrten. Das wollte Martin Luther ändern. In nur wenigen Wochen übersetzte er originale Bibeltexte in ein Deutsch, das die meisten Menschen verstehen konnten. Luthers Ziel war es, dass auch einfache Menschen die Heilige Schrift selbst lesen können. Weil zur selben Zeit der Buchdruck erfunden wurde, konnte die sogenannte Lutherbibel weit verbreitet werden.

Und wo ist jetzt die Erneuerung

bei all dem?

Immer mehr Menschen schlossen sich der Kritik an den Verhältnissen an. Sie wollten die Kirche nicht zerstören, sondern verbessern. Ihrer Meinung nach sollte im Mittelpunkt des christlichen Lebens das Evangelium stehen. Deshalb heißt der Glaubenszweig, der sich bei der Reformation entwickelt hat, auch evangelische Konfession.

Aber die Reformation lief nicht nur friedlich ab. In der Gesellschaft gab es zu der Zeit viele Spannungen, die sich entluden. Immer wieder kam es zu Aufständen und Kämpfen. Auch die Reformatoren waren sich nicht in allen Punkten einig. Es dauerte über 100 Jahre, bis Frieden geschlossen werden konnte – und die neue Glaubensrichtung anerkannt war. Seither existieren in Deutschland die katholische und die evangelische Kirche nebeneinander. Heute haben sie viele Streitigkeiten beigelegt und veranstalten auch gemeinsame Gottesdienste.

Und was wurde aus Martin Luther?

Zeit seines Lebens befasste sich Martin Luther mit Religion und Glauben. Nachdem er die Wartburg verlassen hatte, hielt er viele Vorträge und schrieb weitere Schriften. Mit der ehemaligen Nonne Katharina von Bora gründete er eine Familie. Im Jahr 1546 starb Luther auf einer Reise – das Ende der Reformation erlebte er nicht mehr.